Wülfrath Sie begleitet Kranke bei der Genesung

Wülfrath · Patrizia Kraft lässt sich zur Genesungsbegleiterin ausbilden. Ab Oktober arbeitet sie in der Bergischen Diakonie.

 Patrizia Kraft von der Bergischen Diakonie Aprath, in einem Beratungsgespräch während ihrer Ausbildung.

Patrizia Kraft von der Bergischen Diakonie Aprath, in einem Beratungsgespräch während ihrer Ausbildung.

Foto: D. Janicki

Die Probleme begannen mitten im Studium. Angstzustände, Überforderung und irgendwann kam der Zusammenbruch. "Ich hatte alle Prüfungen gemacht. Meine Abschlussarbeit habe ich dann nicht mehr geschafft", erinnert sich Patrizia Kraft an den Beginn ihrer psychischen Erkrankung. Seither sind 20 Jahre vergangen, in denen sie gelernt hat, mit den stetigen Herausforderungen ihrer psychischen Empfindsamkeit besser umzugehen.

Seit einem Jahr lässt sie sich zur Genesungsbegleiterin ausbilden. Ab Oktober bekommt sie eine Stelle bei der Bergischen Diakonie Aprath, vorerst noch im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung. "Das entspricht meinen momentanen Möglichkeiten." Sie hat gelernt, ihre eigene Belastbarkeit nicht aus den Augen zu verlieren.

Zuvor waren etliche Versuche, wieder auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, gescheitert. Gründe gab es viele, vor allem aber stieß Patrizia Kraft mit ihren Bemühungen an die Grenzen eines Systems, dass psychisch kranken und weniger belastbaren Menschen zu wenig Raum lässt.

"Mir wurden Weiterbildungen angeboten, für die ich acht Stunden täglich fit sein musste", spricht sie über ein Problem, dass sie mit vielen Betroffenen teilt.

Sie selbst hatte Mühe, sich länger auf Gespräche zu konzentrieren oder ein Buch zu lesen. Eine Dauerbelastung mit den üblichen Arbeitszeiten von Acht bis Fünf? Undenkbar! Im Klartext hieß das: Patrizia Kraft landete jahrelang auf dem beruflichen Abstellgleis. Obwohl sie viele Fähigkeiten hat, die sie durchaus hätte einbringen können. Dazu gehört nicht nur ihre Leidenschaft für Literatur, die seit dem abgebrochenen Studium zumindest im beruflichen Sinne brach lag. Sondern auch ihre Kompetenz bei der Bewältigung von Krisensituationen, die sie selbst im Umgang mit der eigenen Erkrankung erworben hat. Immer wieder stimmten jedoch die Rahmenbedingungen nicht. Ein passender Job war einfach nicht in Sicht. "Irgendwann brachte meine Freundin dann einen Flyer über die Ausbildung zum Genesungsbegleiter mit", erinnert sich Patrizia Kraft an den Moment, der Monate später neue Perspektiven schaffen sollte. "Der erste Eindruck war: Das schaffe ich nicht" gesteht die 43-Jährige. Die Erfahrungen der zurückliegenden Jahre hatten Spuren hinterlassen, das Selbstvertrauen war auf dem Nullpunkt gesunken.

Dennoch habe sie der Gedanke, so etwas gern machen zu wollen, nicht mehr losgelassen. Nachdem sie irgendwann den Schritt gewagt und eine Entscheidung für die Ausbildung getroffen hatte, begann sie zu kämpfen. Es öffneten sich Türen, die Bergische Diakonie Aprath bot ihre Unterstützung an. Patrizia Kraft konnte dort ein Praktikum machen und bekam recht schnell eine konkrete berufliche Perspektive.

Als Genesungsbegleiterin wird sie nun bald Menschen unterstützen und begleiten, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie sie selbst. Die eigene Krankheit nicht als Fluch, sondern als Herausforderung und Chance zu begreifen: Kaum jemand kann das besser vermitteln als diejenigen, die selbst davon betroffen sind.

Das sieht auch Gabriele Berten so: "Wir beschäftigen mittlerweile drei Genesungsbegleiter und haben damit gute Erfahrungen gemacht", berichtet die Bereichsleiterin des Sozialtherapeutischen Verbundes der Bergischen Diakonie Aprath von einer Erfolgsgeschichte.

(RP)
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