Wegen Totschlags angeklagt 65-jähriger Wülfrather soll Ehefrau erstickt haben

WÜlfrath/Wuppertal · Ein 65-Jähriger Wülfrather muss sich vor dem Wuppertaler Landgericht wegen Totschlags verantworten. Er soll in der Nacht zum zweiten Weihnachtstag 2015 seine Frau mit einem Kissen erstickt haben - der Angeklagte bestreitet die Tat.

 Der 65-Jähriger Wülfrather (links neben seinem Anwalt) muss sich wegen Totschlags verantworten. Der Angeklagte soll in den Weihnachtstagen 2015 seine Frau mit einem Kissen oder einer Decke erstickt haben.

Der 65-Jähriger Wülfrather (links neben seinem Anwalt) muss sich wegen Totschlags verantworten. Der Angeklagte soll in den Weihnachtstagen 2015 seine Frau mit einem Kissen oder einer Decke erstickt haben.

Foto: Sabine Maguire

Was geschah in der Nacht zum zweiten Weihnachtstag in der Wohnung eines Mehrfamilienhauses in der Nordstraße? Hat der mittlerweile 65-Jährige Wülfrather seine Frau dort mit einem Kissen oder einer Decke erstickt?

So jedenfalls steht es in der Anklage, die zum Prozessauftakt verlesen wurde. Oder hat der Angeklagte seine Frau morgens nach dem Aufstehen leblos auf der Couch liegend vorgefunden? Das hatte er selbst so gesagt - und den gegen ihn erhobenen Tatvorwurf des Totschlags nun erneut bestritten.

Dass erst jetzt gegen den Mann verhandelt wird, dürfte wohl auch daran liegen, dass er nicht inhaftiert wurde und die Schwurgerichte wegen der vielen Haftsachen nahe an der Belastungsgrenze arbeiten. Zudem hatten sich die Ermittlungen lange hingezogen, so dass erst ein Jahr nach der Tat Anklage gegen ihn erhoben werden konnte.

Zu den Umständen des Todes seiner Frau wollte sich der Angeklagte nicht näher einlassen. Aus dem Eheleben hat er dennoch erzählt und ein Bild voller Widersprüchlichkeiten gezeichnet. Selbst in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, sagte der 65-Jährige über den Alkoholkonsum seines Vaters: „Das Bierglas war nie leer.“ In der Ehe der Eltern seien Streitereien an der Tagesordnung gewesen. Die Drohungen der Mutter, sich scheiden lassen zu wollen, hätten zum Standard gehört. Zu ihr habe er den Kontakt schon vor Jahrzehnten abgebrochen, nachdem sie sich abfällig über seine Ehe geäußert haben soll. Seine Frau habe er in den 1980er Jahren geheiratet – nur acht Wochen nach dem Kennenlernen.

Deren damals sieben Jahre alte Tochter sei bei der Oma geblieben, das habe man gerichtlich so geregelt. Das Kind habe bei der Oma wohnen wollen und er sei es damals gewesen, der zu seiner Frau gesagt habe: „Wenn die dort Dummheiten macht, müssen wir das bezahlen.“ Das habe er nicht gewollt und Nägel mit Köpfen gemacht. Der Kontakt zur Stieftochter und zur Familie seiner Frau sei daraufhin abgebrochen.

Ob die Ehefrau unter dem Verlust der Tochter gelitten habe? Nein, eher nicht. So zumindest sah es der Angeklagte, der auch sonst ein wohl eher geschöntes Bild der drei Ehejahrzehnte malte. Verliebt, verheiratet und dann kam die Eigentumswohnung.

Als seine Frau 2014 an der Zunge operiert und bestrahlt worden sei, habe er sie wegen ihrer Schwäche nach den Behandlungen ins Auto tragen müssen. Im letzten Jahr habe sie die meiste Zeit vor dem Fernseher gesessen und Zigaretten gedreht – er habe das klaglos hingenommen.

Erst auf hartnäckiges Nachfragen des Vorsitzenden Richters kam das Alkoholproblem des 65-Jährigen zur Sprache. Der hatte zuvor eingeräumt, vielleicht ein oder auch zwei Gläschen Bier am Abend getrunken zu haben. In den Akten ist derweil zu lesen, dass man ihn bei einer Routinekontrolle mit 3,3 Promille am Steuer aufgegriffen haben soll. Und das, ohne dass den Streifenpolizisten seine Alkoholisierung aufgefallen wäre. Hin und wieder sei er mit „den Jungs vom Fußball auf Sauftour“ gewesen – das habe auch schon mal eine Woche dauern können. Vor Jahren habe er dann einen Alkoholentzug gemacht, weil seine Frau mit der Scheidung gedroht habe: „Mein Schätzchen hat darauf bestanden und da hab ich das gemacht.“

Zwei Jahre später hätten dann wieder besagte zwei oder drei Gläschen Bier auf dem Tisch gestanden und daneben gelegentlich auch schon mal eine halbe Flasche Schnaps – aggressiv sei er seiner Frau gegenüber dennoch nicht geworden. Auch hier wieder hartnäckiges Nachfragen des Richters, der den Angeklagten mit den Zeugenaussagen der Nachbarn konfrontierte: Die sollen öfters Schreie in der Wohnung gehört und davon berichtet haben, dass der Mann seine Frau geschlagen habe. Der Angeklagte bestritt auch das - und räumte später doch Ehestreitigkeiten ein.

Seine Frau sei dann auch schon mal aus der Wohnung geflohen, um woanders zu übernachten. Wann das gewesen sei? Daran könne er sich nicht genau erinnern – auf jeden Fall nicht in den letzten Ehejahren, sondern zu Beginn des Zusammenlebens.

Fest steht: Die Frau lag am zweiten Weihnachtstag leblos auf der Couch. Es scheint Indizien dafür zu geben, dass der 65-Jährige etwas mit deren Tod zu tun haben könnte – sonst hätte es keine Anklage gegeben. Der Prozess wird am 2. Juni fortgesetzt.

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