Mettmann/Wülfrath Mettmann lebt über seine Verhältnisse

Mettmann/Wülfrath · Mettmann reich, Wülfrath arm: Die Verhältnisse stimmen nicht mehr. Die beiden Städte haben ihre Lage gewechselt.

 Das neue Sportzentrum der Stadt Mettmann in Metzkausen ist eine schmucke Anlage. Sie hatt allerdings auch ihren Preis.

Das neue Sportzentrum der Stadt Mettmann in Metzkausen ist eine schmucke Anlage. Sie hatt allerdings auch ihren Preis.

Foto: Dietrich Janicki

Das reiche Mettmann gerät in diesem Jahr wohl in den Nothaushalt. Das arme Wülfrath dagegen hat nach jahrelangem Sparen und Konsolidierungskurs in diesem Jahr erstmals einen Überschuss erwirtschaftet. Warum ist das so? Was macht Mettmann falsch, was Wülfrath anders? Eine Standortbestimmung.

 Kämmerer Reinhold Salewski : "Stadt soll Heft des Handelns in der Hand behalten".

Kämmerer Reinhold Salewski : "Stadt soll Heft des Handelns in der Hand behalten".

Foto: D. Janicki

Die Stadt Mettmann befindet sich in der vorläufigen Haushaltsführung. Das bedeutet: Nur noch notwendige und sogenannte Pflichtaufgaben dürfen getätigt werden. Falls der Rat bis zum 30. Juni keine Anhebung der Grund- und Gewerbesteuer beschließt, hat Mettmann keinen genehmigungsfähigen Haushalt und rutscht ins Nothaushaltsrecht.

Was sind die Gründe für die finanzielle Misere? Laut Kämmerer Reinhold Salewski sind es vier Hauptgründe: Reduzierung von Zuschüssen des Bundes und des Landes, Übertragung von Aufgaben durch Bund und Land an die Kommunen ohne einen vollständigen Kostenausgleich, Anstieg der Sozialaufwendungen und Gewerbesteuerschwäche. Hinzu kommt noch ein gehöriger Anstieg der Personalkosten. Denn von 2011 bis 2014 wurden 32 neue Stellen in der Verwaltung geschaffen.

Über die Kreisumlage trägt die Stadt die Mehrbelastungen für Sozialleistungen. Durch den Rechtsanspruch auf die U3- und Ü3-Betreuung sind die Mettmanner Belastungen für die Kindertagesbetreuung von 3,2 Millionen Euro im Jahre 2010 auf 5 Millionen Euro im Jahre 2014 gestiegen. Hinzu komme die Gewerbesteuerschwäche in Mettmann, sagt Salewski. Mettmann ist im Kreis Mettmann Schlusslicht bei der Gewerbesteuerkraft. Pro Einwohner betragen die Gewerbesteuererträge in Mettmann rund 350 Euro, in Langenfeld und Ratingen rund 1000 Euro und in Monheim sogar über 6000 Euro. In früheren Jahren sei die Gewerbesteuerschwäche weitgehend durch den Finanzausgleich kompensiert worden. Dies sei inzwischen nicht mehr der Fall. Durch die vom Land seit 2011 vorgenommenen Strukturveränderungen verliere Mettmann alljährlich rund zwei Millionen an Schlüsselzuweisungen.

Die Lücke zwischen Erträgen und Aufwendungen muss seit Jahren über Liquiditätskredite geschlossen werden, die wiederum zu zusätzlichen Zinsbelastungen führen. "Zur Zeit lebt die Stadt Mettmann jedenfalls über ihre Verhältnisse. Das ist aber nicht länger hinnehmbar. Schließlich soll das Heft des Handelns in der Stadt verbleiben und nicht auf die Kommunalaufsicht übergehen", sagt Salewski.

In Wülfrath geht es in die andere Richtung. Zumindest in diesem Jahr. Der Rat der Stadt hat Ende Dezember für 2014 einen ausgeglichenen Haushalt verabschiedet. 47 849983 Euro an Einnahmen stehen Ausgaben von 47 783625 gegenüber. Das macht einen Überschuss von 66 358 Euro. Damit hat die Stadt nach fünf Jahren in der Haushaltskonsolidierung wieder einen Etat mit schwarzen Zahlen. CDU, SPD, Grüne, FDP und Teile der WG-Fraktion stimmten dem Haushalt zu, die Linke und die halbe WG-Fraktion versagten ihm die Zustimmung.

Eisernes Sparen und kaum Investitionen in das operative Geschäft der Stadt haben dazu geführt, dass die Stadt wieder selbstständig haushalten kann. Doch das hat auch einen Preis gehabt: Der Zeittunnel steht vor dem Aus, die Bücherei leidet unter dem Sparkurs, für die Straßenerhaltung reicht es nur für das Nötigste. Die Personaldecke der qualifizierten Mitarbeiter wird dünner und kaum jemand bleibt dauerhaft in der Verwaltung. Nach dem Stadthallenabriss fehlt der Kulturszene ein Auftrittsort. In der Feuerwehr stehen gewaltige Investitionen für das neue Brandschutzkonzept an, Und: Noch immer drücken mehr als 40 Millionen Euro Schulden die Kalkstadt. Die Stadt Wülfrath hat derzeit gemeinsam mit Velbert den höchsten Hebesatz bei den Gewerbesteuern im Kreis Mettmann. Er liegt bei 440 Punkten. Erkrath berechnet nur 420 Punkte, die Stadt Mettmann liegt bei 403 Punkten.

Doch bei aller Haushaltsdiziplin hat es die Stadt Wülfrath geschafft, noch nichts endgültig schließen zu müssen. Das ist bei jahrelangem Sparkurs schon eine ganze Menge.

(RP)
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