Ballast oder gute Idee Über den Sinn und Zweck von Kleingeldmünzen

Wülfrath · Bezahlung per Karte und Co. ist angesagt, Bargeld deshalb nicht out, weiß Thomas Meuser, Kreissparkassen-Chef der Filiale Wülfrath.

 Wiegt schwer im Portemonnaie und nutzt erst in großen Mengen zum Einkauf: Kleingeld.

Wiegt schwer im Portemonnaie und nutzt erst in großen Mengen zum Einkauf: Kleingeld.

Foto: Christoph Göttert (goet)/Göttert, Christoph (goet)

Herr Meuser, aus welchem Material sind Cent-Münzen und wie viele Tonnen werden jährlich gepresst?

MEUSER Fangen wir mit den kleinsten Münzen an: Die 1-, 2- und 5-Centmünzen sehen zwar nach ‚Kupfergeld‘ aus, bestehen aber in Wirklichkeit aus Stahl und haben lediglich eine Kupferbeschichtung. Die 10-, 20- und 50-Cent-Münzen bestehen aus einer speziellen Zink-Zinn-Aluminium-Legierung. . Die Europäische Zentralbank hat den Euro-Staaten für 2020 erlaubt, Geldstücke im Gesamtwert von 2,1 Mrd. Euro zu produzieren. Dieser Wert hat übrigens das gleiche Volumen wie im Vorjahr.

Warum haben wir dieses Klimpergeld? Bei den Holländern wird im Supermarkt auf- und abgerundet.

MEUSER Sie haben Recht- in Holland oder in skandinavischen Ländern funktioniert das Auf- oder Abrunden sehr gut. Aber ich glaube, dass die Deutschen da etwas anders ticken. Das kann jeder schnell bei sich selbst feststellen: Allgemein gelten wir Deutschen als sehr preisbewusst und achten auf jeden Cent. Hinzu kommt die ‚Strategie der gebrochenen Preise‘ – ein beliebtes Marketinginstrument aus der Werbepsychologie: Versuche des Auf- und Abrundens gab es noch bis Mitte 2017 in Kleve: Eineinhalb Jahre lang wurde dort im Einzelhandel auf den nächsten Fünf-Cent-Betrag auf- oder abgerundet. Von 800 eingeladenen Händlern nahmen keine zehn Prozent an der Aktion teil, obwohl Händler und Käufer mit der Rundungspraxis einverstanden waren.

Warum ist kostet der Eintausch von Kupfermünzen Gebühren?

MEUSER Dass Einzahlungen nicht grundsätzlich kostenfrei sind, hängt mit der Bargeld-Prüfverordnung zusammen, die seit 2015 EU-weit gilt. Hiernach sind Banken und Sparkassen verpflichtet, Münzgeld auf Echtheit und Umlauffähigkeit zu überprüfen. Bei uns geschieht dies durch speziell geschulte Mitarbeiter. Falsche Münzen, aber auch beschädigte oder stark verschmutzte Geldstücke müssen aussortiert werden. Der Aufwand ist immens, der Schaden eigentlich gering:

Wer kann Kleingeld kostenfrei tauschen?

MEUSER Getauscht wird in dem Sinne nicht mehr, vielmehr wird das Kleingeld dem Konto gutgeschrieben. Viele Einzelhändler, die früher gewechselt hatten, verwenden das Kleingeld als Wechselgeld für die eigene Kasse. Kupfermünzen werden selten noch zu uns gebracht, diese Bräuche, in Flaschen für Brautschuhe zu sammeln, gibt es heute kaum noch.

Wer bekommt mein Kleingeld, der Mitarbeiter oder ein Automat?

MEUSER Hier in Wülfrath wird das Bargeld von unseren Mitarbeitern entgegengenommen und in sogenannte ‚Safebags‘ gefüllt. Das sind stabile Kunststoffbeutel, die mit Kontonummer und Datum der Entgegennahme beschriftet und zugeklebt werden. Die Beutel werden dann in unsere Hauptstelle transportiert, geleert und geprüft. Die Gutschrift erfolgt dann übrigens natürlich mit Wertstellung des Tages, an dem das Kleingeld am Schalter entgegengenommen wurde.

Gibt es Bestrebungen, Bargeld abzuschaffen?

MEUSER Wir glauben nicht an eine Abschaffung des Bargelds. Die Deutschen leben nach der Devise ‚Bares ist Wahres‘ – der Anteil der Barzahlungen nimmt zwar ab, aber Bargeld ist geprägte Freiheit. Mit einer gesetzlich geregelten Abschaffung des Bargelds würde man den Menschen die Möglichkeit nehmen, frei und selbstbestimmt darüber zu entscheiden, in welcher Höhe man einen Kauf bar abwickelt. Denken Sie nur an den Kauf eines Gebrauchtwagens – die meisten Menschen in Deutschland zahlen hier noch bar, auch, wenn es nicht gerade sicher ist, das Bargeld mit sich zu führen. Hierfür gibt es Alternativen wie die Echtzeitüberweisung.

Warum bleibt Bargeld?

Die Abschaffung von Bargeld käme einer Bevormundung gleich – die psychologische Wirkung auf den Einzelnen sollte man nicht unterschätzen! Der Umgang mit Bargeld hilft von Klein an, mit Geld wirtschaften zu lernen. Wir stellen aber auch fest, dass alternative Bezahlverfahren zunehmend beliebter werden: Die jüngste Studie der Deutschen Bundesbank hat ergeben, dass fast jeder dritte Besitzer einer kontaktlosen Girokarte seine Rechnungen quasi ‚im Vorbeigehen‘ bezahlt. Unter den Kreditkartennutzern sind es sogar fast 40 Prozent. Kartenzahlungen, Kwitt – das Überweisen von Handy zu Handy, oder auch das jüngst eingeführte ApplePay sind Beispiele, was zum Begleichen von Rechnungen genutzt wird.

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