Wülfrath Im Traum schwimmt er noch im Ozean
Wülfrath · 352 Tage verbrachte Marcel Kohns als Freiwilliges Soziales Jahr in Tansania. Er erlebte eine andere Welt.
Als "Big Five" stehen Nashorn, Elefant, Büffel, Löwe und Leopard in friedlicher Koexistenz Seite an Seite. Allerdings nicht mehr beim Galopp durch die Steppe, sondern auf der Kommode im Flur seines Elternhauses. Da allerdings bilden sie eine schöne Erinnerung an die Serengeti, den bekanntesten Nationalpark der Welt.
Der liegt in Tansania und dort verbrachte Marcel Kohns das vergangene Jahr. "Ich habe dort vielseitige und komplexe Erfahrungen gemacht", bilanziert der 19-Jährige. Erinnert er sich, stehen aber nicht die faszinierende Tierwelt oder Sandstrände, hohe Palmen auf der einen, kristallklares Wasser auf der anderen Seite im Vordergrund. Das sowieso nicht, der Mettmanner verbrachte ein Freiwilliges Soziales Jahr in Ostafrika, keinen Urlaub. "Und in dieser Zeit bin ich drei Mal an Malaria erkrankt." So gesehen ist es nicht erstaunlich, dass er sich "sehr auf die Rückkehr gefreut" hat.
Übersieht er den Trubel um die Erkrankung, sind es "Erfahrungen mit Menschen und deren Kultur", die sich eingeprägt haben. "Mein Horizont hat sich erweitert. Ich habe einen anderen Blick auf die Dinge." Nach heftigsten Regenfällen gab es reihenweise Stromausfälle, "da weiß man dann zu schätzen, was für hohe Standards wir in Europa haben". Überhaupt sei der direkte Vergleich "schockierend, Wir haben hier alles in Hülle und Fülle."
Mangel herrscht in Ostafrika an vielen Stellen, bei der Infrastruktur, der medizinischen Versorgung, dem Bildungssystem. An einer Mädchenschule unterrichtete er Erdkunde. 50 Kinder zwischen zehn und dreizehn Jahren saßen vor ihm. "In einem so großen Klassenverband Wissen zu vermitteln ist schwer."
Er lernte dafür, "angstfrei vor anderen und Fremden zu sprechen. Ich gehe jetzt noch offener auf Menschen zu." Seine Toleranz wurde an anderer Stelle erprobt. "Meine Gasteltern waren sehr religiös", Marcel Kohns hingegen handhabt seinen Glauben eher im Stillen. "Die haben zunächst regelrecht versucht, mich zu missionieren".
Was er jetzt vermisst, ist die "tansanische Gelassenheit". An dem Spruch "Wir haben die Uhr, die Afrikaner die Zeit" sei viel Wahres dran, "ich habe gemerkt, wie deutsch ich bin". Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit haben für ihn einen "hohen Stellenwert".
"Salopp gesprochen: Am meisten vermisse ich das Wetter." Das vergangene Weihnachtsfest "feierte" er bei 34° Celcius am Strand. Im Garten tummelten sich kleine Affen, mit denen man sich um die Mangos stritt. Und der Ozean lag fünf Minuten entfernt. "Aber ich wusste immer, es ist bloß ein Gastspiel auf Zeit." Denn bereits vor Abflug nach Tanga hatte der Ex-Schüler des Heinrich-Heine-Gymnasiums (Abitur April 2013) seinen Ausbildungsvertrag als Teil des Dualen Studiums unterschrieben. Die Ausbildung begann jetzt im September, "es ist gut, wieder so gefordert zu sein". "Das Jahr war toll. Aber es hat auch gereicht."
Im gewohnten Umfeld mit Eltern und Freundeskreis wieder ins alte Leben eintauchen zu können, "fiel mir nicht schwer. Ich bin froh, wieder hier zu sein. Aber im Traum schwimme ich noch immer im Indischen Ozean."