Wülfrath Ich bin ein kathogelischer Judenmuslim

Wülfrath · Klaus-Peter Rex ist Lehrer, Pfarrer, Reisender und ein Wandler zwischen den religiösen Welten.

 Klaus-Peter Rex spricht nicht von der Kanzel, er hat mit den Menschen Zeit seines Lebens immer auf Augenhöhe gesprochen.

Klaus-Peter Rex spricht nicht von der Kanzel, er hat mit den Menschen Zeit seines Lebens immer auf Augenhöhe gesprochen.

Foto: Dietrich Janicki

Eigentlich wäre es an der Zeit, ein Buch zu schreiben. Aber allein am Schreibtisch sitzen? Das wiederum kann sich Klaus-Peter Rex nicht vorstellen. Schon ein Gespräch, in dem er als Mensch im Mittelpunkt steht, liegt dem pensionierten Pfarrer eigentlich fern. Aber über die Arbeit hingegen würde er gern sprechen.

Dass es ein wunderbares Miteinander inmitten von Erlebtem und Erlittenem wurde, liegt wohl auch daran, dass Klaus-Peter Rex jemand ist, der für ein gutes Gelingen ein Gegenüber braucht. Nicht in dem Sinne, dass er all das, was er bewegt hat und immer noch bewegt, nicht auch allein hätte stemmen können. Vielmehr ist es ihm wichtig, die Menschen in sein Tun einzubeziehen. Verfolgt man seinen Lebensweg als Seelsorger, so wird eines sichtbar: Rex verbindet Menschen über die Grenzen von Kulturen, Generationen und Religionen hinweg.

Er reist mit Gymnasiasten nach Jerusalem, um sie mit Zeitzeugen ins Gespräch zu bringen. In Lettland ist er als Protestant mittlerweile "der Fachmann für jüdische Friedhöfe", seit er sich dort gemeinsam mit Jugendlichen um deren Erhaltung bemüht. Gerade hat er wieder seine "Worte zur Nacht" gesprochen. Eine Tradition, die Klaus-Peter Rex seit beinahe 20 Jahren auf dem Herzog-Wilhelm-Markt pflegt. Auch dabei betont er, dass das Gesagte aus der Feder seiner Schüler am Gymnasium stammt.

Als zwischenzeitlich jemand bei der Bezirksregierung auf die Idee gekommen war, er könne als Pfarrer dort nicht mehr unterrichten und der Religionsunterricht solle ausgebildeten Pädagogen vorbehalten bleiben, platzte ihm der Kragen. "Wenn es sich lohnt, weiche ich nicht zurück", sagt er. Er wehrte sich - und unterrichtet noch heute. Wie lange er es noch tun wird, weiß er nicht. "Wenn ich bei den Israel-Reisen derjenige bin, der auf dem Weg durch die Wüste ganz hinten geht, ist Schluss", sagt er auf eine humorvolle Art. Nur zwischen den Zeilen klingt durch, wie schwer ihm dieser Schritt fallen dürfte.

Wer Klaus-Peter Rex gegenübersitzt, erlebt einen feinsinnigen Menschen, der sich nicht scheut, den Schmerz der Anderen an sich heran zu lassen. Und damit tut er augenscheinlich mehr als das, was in der "Stellenbeschreibung eines Pastors" vorgegeben ist. Er selbst lehnt es übrigens ab, von sich als "Pfarrer" zu sprechen. Dabei betont er das Wort so, wie es auch verstanden werden könnte und stellt klar: "Ich sehe mich nicht als Pfarr-Herr." Von der Kanzel predigen, von oben herab zu Anderen sprechen: All das ist Klaus-Peter Rex fremd. Stattdessen begegnet er den Menschen auf Augenhöhe, um ihnen zuzuhören.

"Ich habe im Grunde so etwas wie Fahrradseelsorge gemacht", erinnert er sich schmunzelnd an die vielen Jahre im Dienst der Gemeinde, in denen er oft mit dem Rad in Wülfrath unterwegs war. Mal eben anhalten, ein paar Worte wechseln: Für Klaus-Peter Rex war all das eine den Mitmenschen zugewandte Möglichkeit, den Beruf des Pfarrers zu leben. Abgesehen davon, dass er sich in allen Kirchen, Synagogen und auch in der Moschee zuhause fühlt und über sich sagt: "Ich bin ein kathogelischer Judenmuslim."

Dass es dann plötzlich Einsparmaßnahmen waren, die ihn vor vier Jahren in den vorzeitigen Ruhestand zwingen sollten, kann er bis heute nicht verstehen. Seine Bereitschaft, sich auch ehrenamtlich weiter einbringen zu wollen, wurde damals abgelehnt. Man fragt sich, ob es sich eine zugewandte Kirche wirklich leisten kann, auf Menschen wie Rex zu verzichten. Er selbst wird jedenfalls nicht müde, seine Initiativen weiter voranzubringen. Vor ein paar Tagen warb er für die Wülfrather Flüchtlingshilfe. Das nächste Workcamp in Lettland muss organisiert werden. Der Verein "LOT", dessen Vorsitzender er ist, braucht sein Engagement.

Und woher nimmt er die Kraft, sich inmitten einer "Ellenbogengesellschaft" und zunehmender sozialer Kälte für das Miteinander von Menschen einzusetzen? "Halt geben mir auch die Anderen", sagt er.

(RP)
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