Gärtner begutachten Wülfrather Friedhof Grabstein-Drücken ist einmal jährlich Pflicht

Wülfrath · Einmal im Jahr werden die Steine auf ihre Standfestigkeit überprüft. So auch auf dem Kommunalfriedhof Alte Ratinger Straße.

Die Sonne scheint, ein leichter Frühlingswind weht über den gepflegten Friedhof. Eine große Kiefer spendet Schatten, dort, wo eine ältere Dame gerade Wasser in ihre grüne Gießkanne füllt. Zwei ältere Herren unterhalten sich leise auf einer Parkbank. Viele der Gräber auf dem Kommunalfriedhof sind in Marmor oder Granit eingefasst. Dass hier liebevolle Grabpflege von den allermeisten Angehörigen betrieben wird, ist nicht zu übersehen: Hübsche Stiefmütterchen blühen farbenfroh auf den Grabstellen.

Und: die Grabsteine auf diesem Friedhof sind hauptsächlich aus hochwertigem und schwerem Gestein. Einige liegen als Flachstein auf der Grabstätte, die meisten allerdings stehen aufrecht, haben ein durchschnittliches Gewicht von rund 200 Kilo.

Damit von diesen durch mögliches Umkippen keine Gefahr ausgeht, überprüft Friedhofsgärtner Jan Meyburg Jahr für Jahr jeden einzelnen Stein. „Ich habe hier ein Drucklastprüfgerät“, erklärt der 37-Jährige und zeigt auf eine stabähnliche weiße Konstruktion in seiner rechten Hand, „mit dem Gerät wird eine Drucklast gegen den Stein übertragen, die in etwa 50 Kilogramm entspricht.“

An einem großen Granitstein auf einem Doppelgrab zeigt der erfahrene Gärtner, worauf er zu achten hat. „Ich stelle mich hinter den Stein und setzte das Gerät auf der vorgegebenen Höhe von mindestens 50 Zentimetern und maximal 1,20 Meter an. Die maximale Drucklast von 300 Newton muss in höchstens zwei Sekunden aufgebracht werden. Wenn der Stein dann nicht wackelt ist alles okay.“ Und tatsächlich: dieser Granit hat den Test mit Bravour bestanden,

Bärbel Balzer von der Städtischen Friedhofsverwaltung dokumentiert das Ergebnis in einer Mappe. „Bislang haben wir rund 130 von 333 Steinen überprüft und nur einer war bislang auffällig. Die Angehörigen werden unmittelbar nach der Prüfung angeschrieben, haben dann drei Wochen Zeit, sich um die Nachbesserung zu kümmern“, erläutert sie städtische Mitarbeiterin das weitere Vorgehen. Und: Ein gelber Aufkleber mit gut sichtbaren Aufschrift „Vorsicht Unfallgefahr“ auf dem Stein warnt die anderen Friedhofsbesucher. Denn tatsächlich gibt es Fälle, bei denen Menschen durch umstürzende Grabsteine zu Tode gekommen sind, so wie 2008 ein vierjähriges Mädchen in Mecklenburg-Vorpommern und Ende 2017 ein 40-jähriger Mann aus Bayern.

„Mir sind Gott sei Dank noch nie irgendwelche Unfälle dieser Art in den vielen Jahren meiner Berufstätigkeit untergekommen“, berichtet Jan Meyburg erfreut, „überhaupt gibt es bei uns jedes Jahr nur wirklich wenige Beanstandungen.“ Der Hauptgrund läge in der professionellen Arbeit der Steinmetze, die auch für die Einfassung der Steine zuständig seien. „Sie kennen die Vorschriften, wissen, wie tief welcher Stein einzementiert werden muss und halten sich auch daran, es geht ja auch um die Verkehrssicherungspflicht“, weiß der Gärtner, der aus Bremen stammt und seit 2014 auf dem kommunalen Friedhof für die Pflege zuständig ist. Dann geht das städtische Team weiter in die nächste Grabreihe.

Zwei Tage dauert die Prüfung insgesamt. „Ich bin glücklich wenn alles in Ordnung ist, denn ein wackelnder Stein dieser Gewichtsklasse ist eine Gefahr, die man wirklich absolut ernst nehmen muss. Wir wollen, dass die Menschen sich hier auf unserem Friedhof sicher fühlen können.“

Übrigens werden nur noch rund 30 Prozent der Verstorbenen im Sarg zu Grabe getragen. Anstelle eines Kolumbariums wurden auf dem kommunalen Friedhof rund um große Bäume natürlich bepflanzte Urnengrabstellen eingerichtet.

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