Wülfrath Der Herr der feinen Destillate

Wülfrath · Mit dem Geschäft seines Vaters wollte Dirk Schlüter eigentlich nichts zu tun haben. Nach und nach entdeckte er seine Liebe zu Spirituosen. Und so baute er in der Kalkstadt einen Genießertreff auf.

 Dirk Schlüter mit dem Glas in der Hand. Nein, der Wülfrather probiert nur mal. Der Connaisseur bietet zahlreiche Whiskey-Sorten an.

Dirk Schlüter mit dem Glas in der Hand. Nein, der Wülfrather probiert nur mal. Der Connaisseur bietet zahlreiche Whiskey-Sorten an.

Foto: DJ

Für manche ist es nur eine Ansammlung von Flaschen. Der Kenner aber gerät schon beim Anblick der Etikette ins Schwärmen. Die namhaften Labels und coolen Marken stehen Seite an Seite. Und kippt Dirk Schlüter einen schönen Schwung eines der goldbraun schimmernden Elixiere ein, ist bereits der erste Schluck so einvernehmend und schmeichelt der Zunge, dass ein wohlig-warmes Gefühl den Körper durchströmt. Allerdings ist Whiskey mehr ein Getränk für die kühle Jahreszeit am prasselnden Kaminfeuer. "Im Sommer veranstalten wir keine Whiskey-Tastings", sagt Dirk Schlüter. Dann geht es mehr um Edelbrände, Wein und Rum. Der Genießertreff ist eben vielseitig. Vor allem, seitdem der 44-jährige, waschechte Wülfrather ihn führt. Neuerdings gibt es sogar feine Schokolade - mit lokalem Bezug. Eingegossen ist das Stadtwappen.

Gestartet war das Familienunternehmen unter Großvater Erich Korten kurz nach Kriegsende mit Zigarren, Vater Peter Schlüter stieg Mitte der 60er Jahre ins Geschäft ein, baute den Betrieb zur Lotto-Annahmestelle aus. Für Klein-Dirk war der Laden ungewollter Dreh- und Angelpunkt. Geschäfts- und Wohnhaus waren eins. "Also bin ich quasi hier groß geworden", schön sei das nicht gewesen.

Quasi aus Protest begann er nach Schulende eine Lehre als Elektriker. Aber beim Jobben im väterlichen Betrieb merkte er schnell, dass dieses "mit Leuten reden und sich austauschen genau mein Ding ist". Das Metier rund um Zigarren, Pfeifen und die genussvollen Dinge des Lebens wurde seins. Einige Fortbildungen später war aus dem Hobby ein Beruf geworden. "Irgendwann veranstalteten wir die ersten Zigarrenabende." Da fragten die ersten Teilnehmer nach dem "passenden Schluck", so kamen die ersten Verkostungen von Rotwein, dann Cognac und irgendwann Whiskey. Nicht nur, weil der sich zum Trend-Getränk entwickelt hat, sondern weil Dirk Schlüter sich so sehr dafür interessiert. "Das ist ein Naturprodukt, das immer bloß begrenzt vorhanden ist." Generell mag er die Sorten, die eine leichte Rauchigkeit haben und ihren finalen Schliff durch die Lagerung im Sherry-Fass erhalten haben. Aber einen speziellen Liebling? "Nein. Es gibt nicht den einen", sondern immer wieder neue Facetten. Weshalb der Mann so gut wie jede Whiskey-Messe besucht. Immer auf der Suche. "Whiskey fesselt mich extrem." Unter den vielen verschiedenen Sorten in seinem Geschäft befinden sich echte Schätze wie ein 25-jähriger McAllen, "den gibt's nicht mehr", oder ein Glen Farclas anno 1966. Drückt man beide Augen zu, geht der Islay Single Malt als Wülfrath-Ausgabe durch - die "Rock-Edition" namens "Smoke Head" würde so schön zur Rockmusik und WÜRG passen.

Whiskey-Fans gibt es viele, nicht bloß in Wülfrath, auch den Nachbarstädten. Preziosen werden anlässlich eines Hochzeitstages oder Geburtstags gekauft, Liebhaber sammeln, um in ihrer Bar möglichst viele Sorten zu haben. Anfangs hatten im Genießertreff alle 36 schottischen Single Malts locker oben im Verkaufsraum Platz. Der reicht längst nicht mehr. 2013 wurde der Keller komplett saniert und aufgepeppt. Heute treffen sich im etwa 70 Quadratmeter großen Raum, dessen Wände mit Flaschen tapeziert sind, Connaisseure. Und das Genießer-Profil soll weiter geschärft werden. Zeitungen und Tabak behalten ihren Platz, aber einen geringeren. Und Dirk Schlüter, übrigens leidenschaftlicher Skiläufer, hat noch einiges vor. Zum Beispiel im kommenden Jahr seinen ersten Whiskey in Schottland trinken. Im Mutterland und sozusagen der Quelle des flüssigen Goldes war er bislang nämlich noch nie.

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