Wülfrath Conny läuft 162 Kilometer durch Berlin

Wülfrath · Die Ultramarathonläuferin Cornelia Bullig aus Wülfrath ist beim Mauerweglauf mitgelaufen.

Läuferin Conny Bullig.

Läuferin Conny Bullig.

Foto: ABZ

Nach 20 Stunden, 38 Minuten und 28 Sekunden ist Cornelia Bullig, besser bekannt als Conny, in Berlin beim Mauerweglauf durchs Ziel gelaufen. Bei diesem Lauf standen Zeit und Platzierung aber nicht im Vordergrund. "Vor allem war der außergewöhnliche Rückblick in die deutsche Geschichte beeindruckend", sagt die 56-Jährige, zurück in der Heimatstadt Wülfrath. Am 13. August 2016, 55 Jahre nach dem Tag, an dem der Bau der Berliner Mauer begann, sind 350 Einzelstarter und noch mal so viele Staffelstarter entlang der Strecke gelaufen, wo die Mauer damals stand. Schrammen und blaue Flecken an den Beinen und am Ellbogen hat Bullig davongetragen, in der Nacht war sie beim Lauf zweimal gestürzt. Tagsüber war es warm, 30 Grad, das machte ihr zu schaffen. Trotzdem "finishte"sie, wie Läufer sagen - als beste deutsche Teilnehmerin und Altersklassensiegerin.

Erst mit 35 Jahren, 1994, entdeckt Conny Bullig das Laufen für sich. Gemeinsam mit ihrem Mann Siegfried hörte sie damals mit dem Rauchen auf. Beide waren unsportlich, verbrachten freie Stunden meist auf dem Sofa und hatten Sorge, ohne den Tabakkonsum ein paar Kilo zuzulegen. Sie 60, er 100 Zigaretten pro Tag - das war vorher jahrelang normal. Das Laufen sollte helfen.

Der Kö-Lauf in Düsseldorf war ihr erster Wettlauf, vier Kilometer. Ob sie damals stolz war? Total. Dann kamen Sechs-Kilometer-Läufe, zehn Kilometer, 1995 ein Marathon in Berlin. "Das war grandios, ein Traum, das mal zu schaffen", erinnert sich Bullig. Ihr Ehrgeiz war geweckt.

Heute läuft sie diese Strecke zur Vorbereitung auf ihre "richtigen" Läufe. Ihre größten Erfolge hat ihr Mann besser im Blick als sie selbst: Deutsche Rekordhalterin im 48-Stunden-Bahnlauf mit 346 Kilometern, deutsche Rekordhalterin im 6-Tage-Lauf mit über 770 Kilometern. Lange und langsam ist ihr Ding, kurze Strecken auf Tempo nicht so sehr, ihr längster Lauf am Stück war 2007 beim Sieben-Tage-Lauf in Athen: 811 km . Strecken, die andere selbst im Auto unbequem finden. Bei mehrtägigen Läufen versucht Bullig nicht länger als zwei Stunden am Stück zu schlafen. Manchmal hört sie Musik. Pink oder Bon Jovi oder Wolfgang Petry. Am Streckenrand werden die Läufer mit Nahrung versorgt, mit Melone, Gurke oder auch Kuchen. Zum Trinken Wasser, isotonische Getränke oder Kaffee. Etwas Salz sei auch wichtig, weil man viel ausschwitzt, erklärt Bullig. Ihre Ernährung hat die Extremsportlerin nicht umgestellt. "Wer alles isst, kann auch bei den Läufen alles essen", erklärt sie. Es gibt Dinge, die sich durch das Laufen bei den Bulligs verändert haben. Urlaub heißt heute nicht mehr Hausboot, Frankreich, Entspannung. Sondern mit dem Wohnmobil zu Läufen zu fahren. Früher saßen sie in ihrer Freizeit mit den Freunden in der Kneipe. Heute haben sie Freunde auf der ganzen Welt, die ebenfalls begeisterte Läufer sind.

Die langen Läufe durchzuhalten sei eine Frage von Können und Willen, findet Bullig. Doch natürlich steckt auch Talent dahinter. Lange lief das Ehepaar zusammen, irgendwann konnte Siegfried Bullig nicht mehr mithalten. Nun unterstützt er seine Frau vom Streckenrand. "Ich kenne jeden Gesichtsausdruck", sagt er. "Ich weiß sofort, wenn ihr Kopf ihr sagt, du kannst nicht mehr." Dann feuert er sie an, macht ihr Mut, sagt ihr, wie weit der Abstand zu den Läuferinnen hinter ihr noch ist. Wenn nichts mehr hilft, bringt er ihr ein Eis. Mentale Stärke spiele die größte Rolle auf den langen Strecken, sagt Conny Bullig. "Der Körper macht schon mit."

(tak)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort