Wülfrath Allein unter Jungs - Fußball in den Ferien

Wülfrath · Beim Feriencamp der Fußballschule Mittelpunkt lernen 94 Kinder und Jugendliche den Umgang mit dem Ball - darunter nur fünf Mädchen.

Marisol hält den Rücken gerade. Nur ihre Augen sind auf den Fußball gerichtet, den sie mit flinken Bewegungen um eine rote Markierung herumbewegt. Mühelos sieht das aus, hochkonzentriert, aber völlig natürlich. Die langen braunen Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, sie trägt ein blaues Trikot, Shorts, weiße Stutzen. Wie fast alle. Nur die Fußballschuhe leuchten knallbunt bei den Kindern und Jugendlichen, die beim Osterferiencamp der Fußballschule Mittelpunkt ihre schulfreie Zeit auf dem Fußballplatz verbringen.

"Was ist vier mal drei?", ruft Trainer Marco Jedlika über den Platz. Die jungen Fußballer müssen erst rechnen. Wenn eine gerade Zahl herauskommt, laufen sie mit dem Ball eine Strecke um zwei Hütchen herum. Ergibt die Kopfrechnung eine ungerade Zahl, ist die Strecke kürzer: Dann geht's so schnell wie möglich um ein Hütchen. Marisol läuft los, hält den Ball eng bei sich. Auf dem Rückweg muss sie sich beeilen, sie rennt langgestreckt, hat so viel Tempo drauf, dass sie an der Bande abbremsen muss.

Die 14-Jährige spielt Fußball, seit sie fünf ist. Die Begeisterung für den Sport hat sie von ihrem älteren Bruder. Ihn sah sie Fußballspielen und fand das so spannend, dass sie auch selbst den Ball übers Feld kicken wollte. "Ich kenne viele, die über ältere Brüder zum Fußball gekommen sind." Dreimal in der Woche trainiert die junge Spielerin mit ihrer Mannschaft bei der SG Essen-Schönebeck.

Einmal in der Woche trainieren die Mädchen gemeinsam mit den Jungen im Verein. "Wir haben in der Mädchenliga alles gewonnen", erzählt Marisol. "Deshalb spielen wir jetzt in der Jungen-Kreisliga." Sie lächelt. Herausforderungen, sich mit anderen messen und dadurch über sich hinauswachsen, das ist es, was zählt. "Wenn man immer nur gewinnt, macht es irgendwann keinen Spaß mehr", meint sie.

Auch in den Ferien spielt Marisol gerne Fußball. Mehr so zum Spaß und ohne Leistungsdruck. Beim Fußballcamp der Fußballschule Mittelpunkt ist sie eines von nur fünf Mädchen. Demgegenüber haben sich 89 Jungen angemeldet.

Marisol stört es nicht, dass sie das einzige Mädchen in ihrer Gruppe ist. "Die sind ja alle nett", sagt sie. Außerdem ist sie mit ihren 14 Jahren schon unter den Älteren. Einmal kugelt sich ein Junge aus der Gruppe über den Boden, nachdem er hingefallen ist. Ein anderer stampft mit dem Fuß auf, als sein Schuss am Tor vorbei geht.

Marisol wirkt gelassen: Auch sie schießt mal daneben, dann ist der Ball schließlich drin. Als sich die Gruppe für ein Mannschaftsfoto aufstellt, steht sie ein bisschen allein zwischen den vorpubertären Jungs, die sich in Profimanier nebeneinander die Arme um die Schultern legen.

Selbstbewusst müsse man als Mädchen im Fußball schon sein, findet Marisol, auch wenn ihr die meisten Leute nicht mit Vorurteilen begegnen, wenn sie erfahren, dass die 14-Jährige Fußball spielt. "Die sind eher sehr neugierig", berichtet sie.

Was wichtig ist, um eine gute Fußballerin zu werden? "Ehrgeiz." Eine Profi-Karriere strebt Marisol dennoch nicht an. Sie will auf jeden Fall studieren. "Mit Frauenfußball kann man seinen Lebensunterhalt nicht verdienen", sagt sie. "Und mit 30 ist meistens Schluss."

(RP)
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