Stadt Willich Willicher Muslime wollen den Dialog

Stadt Willich · Der geistliche Imam der islamischen Gemeinschaft in Alt-Willich, Ahmet Tasci, und der Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Union in Willich, Kerim Isik, verurteilen den Terror. Die Pegida-Kundgebungen bereiten ihnen Sorgen.

Ahmet Tasci ist der geistliche Imam der islamischen Gemeinschaft in Alt-Willich, betont, dass der Islam eine friedliche Religion sei. In seinem Umfeld habe es bisher noch keine islamfeindlichen Übergriffe gegeben.

Ahmet Tasci ist der geistliche Imam der islamischen Gemeinschaft in Alt-Willich, betont, dass der Islam eine friedliche Religion sei. In seinem Umfeld habe es bisher noch keine islamfeindlichen Übergriffe gegeben.

Foto: Wolfgang Kaiser

Bedrückend finden es auch in Willich lebende Muslime, dass der Rechtsextremismus in Deutschland in bestimmten Regionen einen offenbar immer größeren Nährboden findet. Und dass es auch unter dem Deckmantel des Islam Fanatiker gibt, die diese Religion für ihre menschenverachtenden Zwecke missbrauchen. Viele leben seit Generationen hier, wollen dies auch in Zukunft tun. Die meisten glauben und hoffen, dass wegen der vielen Proteste die Pegida-Kundgebungen nicht von Dauer sind.

Von barbarischen Attentaten spricht nach den Vorkommnissen in Frankreich Ahmet Tasci. Der 46-Jährige, der in Willich in zweiter Generation seine Heimat gefunden hat, ist der geistliche Imam der islamischen Gemeinschaft in Alt-Willich. Gestern traf er sich wie an jedem Tag in der kleinen Moschee in Willich mit anderen zum Mittagsgebet. Als "total unangemessen und überzogen" bezeichnet der überzeugte Muslim die ausländerfeindlichen Parolen, die es bei den Kundgebungen auch gegeben habe. "Wir sind eine friedliche Religion und sind erschrocken, dass es Menschen gibt, die unter dem Namen des Islam ein Schreckensszenario aufbauen und Schrecken verbreiten." Er selbst habe in seinem direkten Umfeld in letzter Zeit islamfeindliche Reaktionen oder Übergriffe nicht festgestellt. Ahmet Tasci, der islamische Theologie studiert hat und auch einige Zeit Religionslehrer in Hamburg war, sucht derzeit eine Vollbeschäftigung, da er nur ein ehrenamtlicher Imam ist. Dem Willicher Ortsverein der islamischen Gemeinschaft gehören, so Tasci, zählt man alle Familienmitglieder dazu, etwa 700 Personen an.

In dritter Generation lebt Kerim Isik in Deutschland. Der 39-jährige Sachbearbeiter in der IT-Branche ist Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Union in Willich. Auch er lebt gerne am Niederrhein, glaubt nicht daran, dass es die Pediga-Kundgebungen auf Dauer geben werde: "In ein paar Wochen sind die hoffentlich vorbei." Und zu den Widerständen und Gegen-Demonstrationen sagt Isik nur: "Gott sei Dank, dass es die gibt."

Gleichwohl, so Isik weiter, müsse man die Hassprediger bekämpfen und den Nährboden der ausländerfeindlich eingestellten jungen Menschen bearbeiten, zum Beispiel durch eine stärkere Sozialarbeit und eine intensivere Aufklärung an den Schulen. Er werde mit seinen Freunden, der islamischen Gemeinde, der jüdischen Gemeinde und den anderen christlichen Kirchen den interreligiösen Dialog fortsetzen, um die immer noch vorhandenen Vorurteile abzubauen. In jüngster Vergangenheit waren unter anderem von Gläubigen verschiedener Konfessionen gemeinsam Kirchen, Moscheen und Synagogen besucht worden. Isik weiter: "In der nächsten Woche haben wir von der Deutsch-Türkischen Union wieder eine Vorstandssitzung. Ich werde vorschlagen, bald einen Informations- und Diskussionsabend auch über das Pro und Kontra dieser Demonstrationen zu machen."

Auch Özgür Öztürk lebt schon lange in Deutschland; sein Großvater wanderte in den 1950er-Jahren aus der Türkei ein. Kürzlich hat seine Ehefrau den Sohn und somit die vierte Generation zur Welt gebracht. "Das Misstrauen, das uns von einigen Gruppen entgegenschlägt, trifft uns sehr". Wobei der 33-Jährige in Neersen wohnende Bankangestellte auch für seinen Verein MakGöc Almanya spricht, der in erster Linie die türkisch-mazedonischen Bräuche weiterleben lassen will, die Mitglieder ferner bei der Integration unterstützt, sich auch um die Jugend kümmert. Über die Gegendemos habe sich Özgür Öztürk sehr gefreut. Aber er sagt weiter: "Es ist schade, dass man überhaupt gegen so etwas auf die Straße gehen muss."

(wsc)
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