Willicher Stadtgeschichte Wie Willich zu Strom und Straßenbahn kam

Serie | Willich · Wirtschaftlich läuft’s rund im deutschen Kaiserreich. Bis zum Ersten Weltkrieg entwickelt Deutschland sich zur wichtigsten Industrienation Europas. Aber ein übersteigertes Nationalbewusstsein und soziale Ungleichheit, dazu aufkommender Antisemitismus legen den Keim für künftige Katastrophen. Diese Entwicklung ist auch an den Willicher Alt-Gemeinden ablesbar.

 1910 fuhr die Straßenbahn Krefeld-Willich-Schiefbahn zum ersten Mal. Das Foto zeigt die erste Straßenbahn von Krefeld nach St.Tönis im Jahr 1904.

1910 fuhr die Straßenbahn Krefeld-Willich-Schiefbahn zum ersten Mal. Das Foto zeigt die erste Straßenbahn von Krefeld nach St.Tönis im Jahr 1904.

Foto: Stadtarchiv Willich

Fortschritte in der Hygiene, in der medizinischen Versorgung und in der Ernährung lassen die Bevölkerung rapide wachsen – in den vier Willicher Alt-Gemeinden um ein knappes Viertel, von 14.840 Einwohnern (1880) auf 17.919 (1910). Wohlstand breitet sich aus, die Verhältnisse scheinen stabil. Später, nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs, als das Kaiserreich untergegangen ist, als seine geordneten Verhältnisse wirtschaftlichem Chaos, nationalen Demütigungen und Parteienstreit gewichen sind, wird man diese Jahrzehnte in nostalgischer Sehnsucht zur „guten alten Zeit“ verklären. Obwohl sie aus heutiger Sicht durchaus kritikwürdig waren. Denn von Demokratie kann keine Rede sein. Dieses Hohenzollern-Reich ist ein Obrigkeitsstaat, in dem der Kaiser gemeinsam mit seinem Reichskanzler die Zügel fest in der Hand hält. Allgemeine und freie Wahlen wird es erst nach dem Untergang des Kaiserreichs geben. Frauen, die sich mit Politik beschäftigen, werden als unweiblich beschimpft.