Stadt Willich Wertvolle Hecke wandert in den Häcksler

Stadt Willich · Auf mehreren Hundert Metern hat die Stadt Willich eine Hecke beschnitten. Die Eigentümer sind außer sich, haben Klage eingereicht und sich an den Bund für Umwelt- und Naturschutz gewandt. Die Stadt verteidigt ihr Vorgehen.

 Fassungslos begutachten Almut Grytzmann-Meister (von links) sowie die Eigentümer Gisela und Dietmar Brucks die radikal zurückgeschnittene, meterhohe Hecke. Aus ihrer Sicht ist sie total zerstört.

Fassungslos begutachten Almut Grytzmann-Meister (von links) sowie die Eigentümer Gisela und Dietmar Brucks die radikal zurückgeschnittene, meterhohe Hecke. Aus ihrer Sicht ist sie total zerstört.

Foto: Wolfgang Kaiser

Seit Langem setzt sich Almut Grytzmann-Meister im Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) für den Naturschutz ein, doch das, was sie gerade erlebt, ist ihr selten untergekommen. Die Viersenerin steht mit Rosi Lehmann am Zaun eines großen Biotopes im Schiefbahner Außengebiet zwischen Büttgerwald und Eschertbenden und ist fassungslos: "Hier ist radikal zurückgeschnitten worden, das ist Baumfrevel." Die Eigentümer Dietmar und Gisela Brucks ergänzen: "Unser Lebenswerk ist zerstört."

Da das Strauchwerk und viele Äste der Buchen in die Wirtschaftswege hineinragten und die Eigentümer offenbar, so sagt die Stadt Willich, auf zahlreiche Aufforderungen, die regelmäßige Pflegeschnitte durchzuführen, nicht reagiert haben, schickte der Baubetriebshof nach einer Ordnungsverfügung seine Hubmaschine und den Schredder raus - und erledigte den Rückschnitt selbst. Auf mehreren Hundert Metern erfolgten an verschiedenen Stellen die Rückschnitte. Teilweise erfolgten vom Hubwagen aus die Schnitte auch direkt an den hinter dem Zaun stehenden Buchen, also auf dem Gelände der Eigentümer.

Dietmar Brucks hat sofort reagiert und beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht. Und Almut Grytzmann-Meister ist dabei, die Unteren und Oberen Landschaftsbehörden, also den Kreis Viersen und die Bezirksregierung, von der "unprofessionellen Maßnahme des Bauhofes der Stadt Willich" zu überzeugen. "Dort sind Hecken und Bäume praktisch zerstört worden", sagt sie.

Brucks bestreitet, die regelmäßige Rückschnitte nicht gemacht zu haben. Er erklärt, dass er in unmittelbarer Nähe einen Betrieb für Pferdezucht und -haltung aufbauen wollte, dass er dieses eingezäunte Biotop in einer Größenordnung von über vier Hektar, auf dem später einmal die Pferde bewegt werden sollten, im Jahr 2000 mit viel Liebe und rund 120.000 Euro angelegt und bepflanzt habe.

Da es sich derzeit um ein gerichtliches Verfahren handelt, ist Willichs Ordnungsamtsleiter Martin Zinnel in der Kommentierung sehr vorsichtig. Jedenfalls sagte er auf Nachfrage der RP, dass es seitens der Landwirte, aber auch von Radfahrern zu bestimmten Zeiten in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche Beschwerden über das in die Wege hineingewachsene Strauch- und Baumwerk gegeben habe. Nachdem dies auch sein Außendienst mehrmals bestätigte, ging am 25. Januar dieses Jahres die erste Ordnungsverfügung raus, mit der Anordnung, bis zum 25. Februar die Fahrbahnbereiche an den Grundstücksgrenzen (mit etwa 50 Zentimeter Abstand zur Fahrbahn) zurückzuschneiden - anderenfalls würde auf Kosten der Eigentümer, es wurden etwa 2.500 Euro genannt, die Ersatzvornahme erfolgen. Allerdings stand darin auch, dass teilweise Form- und Pflegeschnitte erfolgt waren.

Um diese Ersatzvornahme zu verhindern, wollte Brucks dies mit der zuständigen Sachbearbeiterin telefonisch klären. "Die war aber im Februar mehrmals telefonisch nicht zu erreichen. Es hieß, sie sei krank gewesen beziehungsweise habe an einer Fortbildung teilgenommen." Und von Mitarbeitern des Ordnungsamtes sei er, so Brucks weiter, nie auf irgendwelche Missstände hingewiesen worden.

Und da nichts passierte, setzte die Stadt Willich mit einer zweiten Ordnungsverfügung vom 26. Februar die Ersatzvornahme für den 29. Februar, ab 7.30 Uhr, fest. Seine Klage, datiert vom 25. Februar, kam zu spät. Die Rückschnitte erfolgten. Am 27. Februar habe er die Verfügung über den kurzfristig erfolgten Schnitt erhalten. Die Eile hatte ihren Grund: Denn laut Bestimmungen des Bundesumweltschutzgesetzes ist es zum Schutz der Tiere vom 1. März bis zum 30. September nicht erlaubt, Hecken, Gebüsche und andere Gehölze radikal zurückzu- schneiden; hingegen sind schonende Form- und Pflegeschnitte erlaubt.

Dietmar Brucks sagt: "Es war kein Rückschnitt, in Wirklichkeit wurden Sträucher und Äste geschreddert beziehungsweise gehäckselt." Und weiter in seinem Schreiben an das Gericht: "Mir ist durch diese weder zulässige noch sach- und fachgerechte Arbeit ein unwiederbringlicher hoher Schaden entstanden." Almut Grytzmann-Meister ergänzt: "Wir lassen das nicht durchgehen und werden alles in Bewegung setzen, um diesen Skandal restlos aufzuklären."

(wsc)
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