Stadt Willich Wenn Schule Angst macht

Stadt Willich · Seit fünf Jahren gibt es an der LVR-Klinik Süchteln eine Ambulanz für Schulverweigerer. Psychologen bieten Kindern und Jugendlichen, die dauerhaft dem Unterricht fernbleiben, schnelle Hilfe. Ziel ist die Rückführung in die Schule.

Die Zahlen sind stark gestiegen: In Mönchengladbach gibt es rund 300 Schulverweigerer. Das hat eine Umfrage an den Schulen ergeben – vor zwei Jahren waren es noch 160. Auch im Kreis Viersen rechnen Experten mit etwa vier bis sechs dauerhaften "Blaumachern" pro Schule. Erhebungen gibt es dafür nicht. Schulrat Detlev Stein erklärt: "Das Schulamt für den Kreis bekommt erst Kenntnis von einem Schulverweigerer, wenn ein Bußgeld verhängt wird." An den Hauptschulen war das im laufenden Schuljahr bisher viermal der Fall.

Bußgeld bis zu 2000 Euro

Wenn ein Jugendlicher (bis 14 Jahre seine Eltern) ein Bußgeld von bis zu 2000 Euro zahlen muss, sind zuvor alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft worden. Das sind an erster Stelle die Bemühungen der Schule und der Eltern. In der Stadt Willich kann man sich an den Allgemeinen Sozialen Dienst des Geschäftsbereichs Jugend und Soziales wenden. In Gesprächen mit den Eltern und dem Jugendlichen können Lösungen gesucht werden. "Wenn das nichts hilft, kann die Schule beim Ordnungsamt beantragen, dass der Jugendliche durch städtische Mitarbeiter an die Schule gebracht wird", sagt eine Mitarbeiterin des Schulverwaltungsamtes Willich.

Auf psychologische Hilfe setzt man derweil in Süchteln. Mitarbeiter der so genannten Schulverweigerer-Ambulanz an der LVR-Klinik versuchen, den Jugendlichen die Angst zu nehmen und sie in den Unterricht zurückzuführen. Seit 2005 gibt es die Ambulanz für Schulverweigerer, eine Dependance der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Etwa 30 Kontakte mit Schulverweigerern zählen die drei festen Therapeuten und Psychologen pro Woche. Die Mädchen und Jungen kommen von allen Schulformen.

Der Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Dr. Ingo Spitczok von Brisinski, erklärt: "Angst spielt immer eine große Rolle." Diese könne bei den betroffenen Kindern und Jugendlichen jedoch unterschiedlich motiviert sein: durch Mobbing, Leistungsdruck, die Trennung von Zuhause – bei einigen Schülern reiche dann schon der Anblick des Schulgebäudes aus, um Angst und Verweigerung auszulösen.

Den Psychologen geht es jedoch nicht nur um die Ursachen, sondern vor allem darum, eine schnelle Lösung zu finden. "Je weniger eine solche Haltung chronifiziert ist, umso leichter und besser können wir eingreifen ", sagt Konrad Töpel, der Leiter der Ambulanz. Die Kinder und Jugendlichen, die zu ihm und seinen Kollegen kommen, stammen etwa zur Hälfte aus dem Kreis Viersen. Meist wenden sich die Eltern an die LVR-Klinik. Ohne lange Warteliste versucht sie zu helfen. Falls eine ambulante Therapie nicht ausreicht, gibt es die Möglichkeit einer stationären Betreuung.

Häufig vergeht einige Zeit, bis ein Schulverweigerer auffällt – manchmal ein halbes Jahr. Töpel: "Oft schreiben Eltern Entschuldigungen, weil sie das Gefühl haben, ihre Kinder vor der Schule schützen zu müssen." Die ersten Schritte zurück an die Schule fallen unterschiedlich aus: die Busfahrt bewältigen, das Schulgebäude am Wochenende betreten, an einigen Stunde teilnehmen oder auch vor dem Klassenzimmer sitzen und zuhören. Frage des Tages

(RP)
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