Willich Wahlefeldsaal: Erneut Klage eingereicht

Willich · Rechtsanwalt Dr. Michael Zimmermann, Rechtsbeistand der Anwohnerin des Neersener Wahlefeldsaales, die wegen des Saales im Rechtsstreit mit der Stadt Willich ist, hat auch gegen die neue Betriebserlaubnis Rechtsmittel eingelegt. Im Interview mit der Rheinischen Post erläutert er warum.

 Um den Wahlefeldsaal gibt es weiter Streit.

Um den Wahlefeldsaal gibt es weiter Streit.

Foto: wka

Warum wurde die erneute Anfechtungsklage gegen die neue Betriebserlaubnis für den Wahlefeldsaal eingereicht?

Dr. Michael Zimmermann Das Privathaus von Frau Reiners und der Wahlefeldsaal sind nur 20 bis 30 Meter voneinander entfernt - vertragen sich weder bau- noch immissionsschutzrechtlich. Die neue Genehmigung sieht vor, dass der Verein als Eigentümer des Wahlefeldsaales diesen jederzeit an maximal 432 Personen weitervermieten kann, die dort von Musikdarbietungen begleitet ihre Feierlichkeiten abhalten. Diese Umstände sind für die private Nachbarschaft unerträglich. Menschen brauchen auch Ruhe und Erholungsphasen, um zu regenerieren. Als Rechtsanwalt, der 33 Jahre mit Menschen und deren Nöten in Familien und Beruf zu tun hat, weiß ich, wovon ich rede. Die Pflege eines Brauchtums — was immer man darunter verstehen mag — auf gesundheitliche Kosten anderer kommt, solange ich das als Jurist verhindern kann, nicht in Betracht.

In der Vergangenheit haben Sie der Stadt den Vorwurf einer Gefälligkeitspolitik"gemacht, will einfach ausgedrückt heißen, man habe es den großen Bruderschaften oder den ihre Interessen vertretenden Kommunalpolitikern recht machen wollen. Welche Indizien sprechen aus Ihrer Sicht beim Wahlefeldsaal dafür?

Zimmermann Schauen Sie in die etablierten großen Parteien, die in den Räten vertreten sind, und achten Sie darauf, wer davon mit den großen Vereinen verbunden ist. Der Rat der Gemeinde ist zuständig für die Verwaltung. Jeder Kommunalpolitiker verlangt, wenn er etwas durchsetzen will, nach Mehrheiten. Die Mehrheit ist in der Regel eine anonyme Größe. Sie ist leichter zu beschaffen, wenn sie sich zusammensetzt aus mehreren bereits vorhandenen Interessensbündeln. Deshalb wendet man sich an die bereits existierenden großen Vereine — die Schützenbruderschaften und die Karnevalsgesellschaften, deren Vereinszwecke man nutzt. Nichts geschieht mehr ohne Gegenleistung. Das wissen selbstverständlich auch die Politiker, also müssen sie diejenigen, deren Stimmen sie brauchen, auch "entlohnen".

Zuletzt hatte die Stadt die neue Betriebserlaubnis ausgesprochen, nachdem ihr ein neues Sachverständigen-Gutachten des TÜV vorlag. Die Kosten dieses Gutachtens hat die Stadt übernommen. War dies aus Ihrer Sicht auch ein Gefälligkeits-Gutachten?

Zimmermann Damit wird das bestätigt, was ich zuvor ausgeführt habe. Der Verwaltungsgerichtsprozess wird offenlegen, ob das Gutachten standhält. Aber unabhängig davon: Suchen Sie sich mal einen Richter, der in einer Sache Recht spricht, in der er vorher selbst beraten hat. Justitia ist bekanntlich blind. Das ist sie deshalb, weil sie völlig unvoreingenommen sein will. Jedem Richter ist untersagt, rechtlichen Rat zu erteilen. Dafür sind die Rechtsanwälte da. Und jetzt übertragen Sie diese Grundsätze einmal in das Verwaltungsverfahren, das ebenso rechtsstaatlich und damit gesetzlich geregelt ist. Kann es da — frage ich Sie — richtig sein, dass eine Verwaltung - der Bürgermeister, egal ob mit oder ohne Zustimmung des Rates, das Gutachten eines Bauwilligen bezahlt, wenn dieses Grundlage einer von ihr selbst anschließend zu treffenden hoheitlichen Entscheidung ist? Man muss aus Schildberg bei Schildau stammen, um derartiges ohne Unrechtsbewusstsein zu praktizieren.

Willi Schöfer führte das Interview.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort