Stadt Willich Streit um Alleenradweg
Stadt Willich · Willicher Jäger befürchten, dass mit der stillgelegten Bahntrasse auch eine Grünzone verschwindet, die Wild und Geflügel als Unterschlupf dient. Die Stadt relativiert und betont die Vorteile für Wirtschaft und Tourismus.
In der Willicher Jägerschaft sitzt der Ärger tief. Besonders im Revier Alt-Willich 3. Denn dort, im Norden der Stadt, sehen die Jäger eine etwa 1,3 Kilometer lange Grünzone gefährdet, die ihnen wichtig ist. Wo früher die Züge von Krefeld nach Mönchengladbach sausten, wachsen heute Weißdorn und Weiden, Liguster, Rosen, Kirsche. Nun soll das Biotop an den Gleisen, wo Kiebitz, Kaninchen und Fasan Nahrung und Unterschlupf finden, zugunsten eines Radwegs zurechtgestutzt werden.
Die Kinderstube des Wilds
"Das ist die Kinderstube von unserem Wild", erklärt Heinz van den Brock, Jagdaufseher des Reviers. "Da ist sonst nix mehr. Man nimmt uns das ganze Grün weg. Wenn wir das jetzt verlieren, können wir alles vergessen." Jäger Ferdinand Hamacher, der die angrenzenden Flächen gemeinsam mit Hugo Panzer gepachtet hat, ergänzt: "Das wäre brutmäßig gar nicht zu ersetzen."
Die Männer ärgert, dass die landwirtschaftliche Fläche wegen des Gewerbegebiets mehr und mehr schrumpft. Vor allem kritisieren sie, dass der geplante Radweg im Bereich ihres Reviers überflüssig sei. Schließlich gäbe es einen an der St.-Töniser-Straße, also nur wenige hundert Meter weiter. Und schon dieser würde kaum genutzt. Der Technischen Beigeordneten der Stadt Willich, Martina Stall, werfen die Jäger übertriebenen Planungseifer und Profilierungssucht vor.
Die Gescholtene kennt die Vorwürfe und relativiert die Kritik. "Wir werden nicht alles Grün willkürlich wegnehmen", sagt Stall. "Was hochwertig ist, wird erhalten." Genaueres könne sie nach der Biotopkartierung sagen, deren Ergebnisse im Herbst vorliegen sollen. Dass Tiere durch vorbeiradelnde Menschen "einer gewissen Störung unterworfen" sind, ist Stall bewusst. Man müsse abwägen zwischen den Interessen der Jäger und dem Freizeitverhalten anderer Menschen. "Es kann nicht immer alles so bleiben, wie es ist."
Im Moment befindet sich das Projekt in der Vorentwurfsplanung. Ob es verwirklicht wird, hängt nicht zuletzt vom Land NRW ab. Das hat im vorigen Jahr das Förderprogramm "Radwege auf stillgelegten Bahntrassen" aufgelegt. Für den Willicher Radweg ist laut Stall eine Förderung vorgesehen, aber noch nicht bewilligt. Wie eine Sprecherin des Ministeriums für Bauen und Verkehr der RP mitteilt, soll die Entscheidung am Monatsende fallen.
Für die Stadt geht es um viel Geld: Alles in allem kostet das Vorhaben 1,5 Millionen Euro. Für 400 000 Euro hat die Kommune das Grundstück von der Bahn gekauft. Die Baukosten von 1,1 Millionen Euro übernimmt im Förderfall das Land.
Die Beigeordnete betont denn auch die positiven Effekte, die der Radwegebau für die heimische Wirtschaft und den Standort hätte. Dass man in dem umstrittenen Bereich schon heute an der St.-Töniser-Straße radeln kann, sei zwar richtig. "Aber für Radfahrer ist es nicht das Nonplusultra, entlang der Straße zu fahren." Die neue Strecke sei ein Freizeitradweg, der Touristen locken soll. Das letzte Wort wird der Planungsausschuss haben.
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