Gewerbegebiet Dornröschenschlaf im Stahlwerk Becker
Willich · Während die Sanierung des alten Wasserturms zügig voranschreitet, wartet das verfallene Wasserwerk auf einen neuen Investor. Die städtische Grundstücksgesellschaft überlegt, das Projekt selbst zu realisieren.
Architektonisch hat das mehr als 40 Hektar große Willicher Gewerbegebiet Stahlwerk Becker aufgrund seiner langen Geschichte einiges zu bieten. Viele der imposanten alten Gebäude wurden bereits aufwendig saniert und bieten Unternehmen, aber auch Mietern ein spektakuläres Zuhause. Bei zwei Wahrzeichen des Geländes war es allerdings lange Zeit schwierig, sie nutzbar zu machen. Während der weithin sichtbare Wasserturm nun renoviert und mit einem Nebengebäude versehen wird, rottet das alte Wasserwerk weiter vor sich hin. Zwar dient es auch in diesem verfallenen Zustand oft als Fotomotiv, doch wünschen sich viele, dass es endlich saniert wird. „Denn der Zustand wird ja nicht besser, je länger es dauert. Es wird von Tag zu Tag schlimmer“, sagt Christian Pakusch, Aufsichtsratsvorsitzender der städtischen Grundstücksgesellschaft (GSG).
Im Sommer noch wollte ein Investor endlich loslegen, nachdem Willy Kerbusch, Geschäftsführer der GSG, Druck gemacht hatte. Die GSG hatte das alte Wasserwerk einst an einen Willicher Bürger verkauft, der es mit verschiedenen Partnern entwickeln wollte – doch alle Versuche scheiterten. Da im Kaufvertrag verankert ist, dass die GSG das Gebäude zurückkaufen kann, wenn sich nichts tut, hatte Kerbusch im Sommer nach jahrelangem Hin und Her den Druck erhöht. Kerbusch, der als „Vater“ des Gewerbegebiets Stahlwerk Becker gilt, als auch Pakusch möchten, dass die beiden letzten Schandflecke mit riesigem Potenzial endlich aufblühen. Am 6. Februar tagt der Aufsichtsrat der GSG – „und ich wünsche mir, dass wir das Projekt nun selbst in die Hand nehmen“, sagt Pakusch, der davon ausgeht, dass nun endlich eine Entscheidung fällt.
Im Wesentlichen kann man wohl die Pläne des letzten Investors übernehmen. Das Gebäude sollte nach der Sanierung über eine Bürofläche von 916 Quadratmetern verfügen und mit einem Personenaufzug und modernster Gebäudetechnik ausgerüstet sein. Auch einen Ankermieter hatte man laut Investor schon gefunden: einen international tätigen Textilhersteller. In diesem Jahr sollte er eigentlich in das Gebäude einziehen. Dieser Termin ist nun natürlich nicht mehr zu halten – und auch, ob der Ankermieter noch Interesse hat, steht in den Sternen, ist laut Pakusch aber auch nicht ausschlaggebend.
Er hofft, dass der Baubeginn noch im Spätsommer dieses Jahres ist – vorausgesetzt, der GSG-Aufsichtsrat fällt am 6. Februar eine Entscheidung. Dass die GSG in der Lage sei, ein solches Millionenprojekt zu stemmen, zeige der Erfolg der Halle IV im Stahlwerk Becker, in die vor sieben Jahren die Firma ProPipe als Ankermieter einzog. Auch dieses Projekt hatte einst als Wagnis gegolten.
Ein paar Meter vom Wasserwerk entfernt schreiten die Bauarbeiten unterdessen zügig voran. Den Wasserturm hat das Sachverständigenunternehmen Hüsges-Gruppe gekauft. „Wir liegen im Zeitplan, für den Spätsommer ist die Fertigstellung geplant“, sagt Björn Schwemin, Marketing-Chef des Unternehmens, auf Nachfrage. Durch ein neues Gebäude am Wasserturm, dessen Rohbau bereits steht, soll das bisher auf mehrere Standorte verteilte Personal gebündelt werden. 60 bis 80 Mitarbeiter aus den Abteilungen Marketing, Buchhaltung, Controlling, Vertrieb, IT sowie die Kfz-Sachverständigenexperten der Firma sollen dort Platz finden.
Der Clou: „Im Wasserturm selbst entstehen auf der obersten Ebene zwei Konferenzräume, die auch von ortsansässigen Unternehmen gebucht werden können, um beispielsweise ein firmeninternes Brainstorming mit Getränken und Catering außerhalb der eigenen vier Unternehmenswände umzusetzen“, so Schwemin.
Den GSG-Aufsichtsratsvorsitzenden Christian Pakusch, der sich an der Realisierung der Projekte Wasserwerk und Wasserturm messen lassen will, freut es: „Wenigstens hinter dieses Projekt können wir einen Haken machen.“