Stadt Willich So gelang die Flucht im Karton

Stadt Willich · Der spektakuläre Ausbruch von Ibrahim Y. aus der JVA Willich I beschäftigte den Rechtsausschuss des Landtages. In einem Bericht schildert NRW-Justizministerin Müller-Piepenkötter die genauen Umstände.

 Frankreich achtet offenbar nicht die Menschenrechte bei Verhören im Kampf gegen den Terror.

Frankreich achtet offenbar nicht die Menschenrechte bei Verhören im Kampf gegen den Terror.

Foto: AP, ASSOCIATED PRESS

Seit bald drei Wochen ist Ibrahim Y. wieder in Haft. Mit seiner spektakulären Flucht aus der Justizvollzugsanstalt (JVA) Anrath I hat der 42-Jährige bundesweit und sogar in England und Österreich für Schlagzeilen gesorgt. Der Türke, wegen Drogenhandels zu sieben Jahren Haft verurteilt, hatte sich in einem Karton in einem ausfahrenden Lkw versteckt. Auch wenn er inzwischen wieder festgenommen wurde, beschäftigt der Ausbruch die Justiz weiterhin. Unlängst war er Thema im Rechtsausschuss des Landtags. Die SPD-Fraktion verlangte von NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter eine Erklärung. In einem Bericht schildert sie den genauen Hergang der Flucht am 10. November.

Im Karton versteckt

Ibrahim Y. war mit sechs weiteren Gefangenen in der Werkhalle 1 der JVA beschäftigt. Gegen 10.30 Uhr kam der Lkw, um Kartonagewaren abzuholen. Der Bedienstete, der die Aufsicht in der Werkhalle hatte, holte den Lastwagen an der Anstaltspforte ab und begleitete ihn bis zur Laderampe vor der Werkhalle. Bei seiner Rückkehr waren nur noch sechs Gefangene in der Werkhalle.

Der JVA-Angestellte nahm an, dass sich Ibrahim Y. im Waschraum befinde. Er hatte ihn kurz zuvor mit der Reinigung des Raumes beauftragt. Seine Vermutung sah er gestärkt, weil die offen stehende Waschraumtür mit einem diagonal aufgestellten Schrubber im Türrahmen versperrt war. Ein übliches Zeichen dafür, dass ein Waschraum gereinigt wird.

Die abgeholten Kartons waren in der Vorwoche versandbereit verpackt und anschließend nicht mehr kontrolliert worden. Der Karton, in dem sich Yasin später versteckte, war bis zum Deckelrand mit einer Folie versehen. Bis kurz vor 11 Uhr wurde der Lkw beladen. Bei einer abschließenden Kontrolle der Ladefläche und einer Prüfung des Lkw von außen wurden keine Auffälligkeiten bemerkt. Gegen 11 Uhr verließ der Lkw die JVA.

Als sich der Fahrer zehn Minuten später per Handy in der Anstalt meldete und von der zerstörten Plane berichtete, wurde das Fehlen von Ibrahim Y. festgestellt. Die Polizei leitete die Fahndung nach dem entflohenen Häftling ein. Gut zwei Wochen später, bei seiner Festnahme in der Krefelder Innenstadt, hatte der Flüchtige gefälschte italienische Ausweispapiere bei sich. Den Behörden war er zudem noch als Yasar B. (37) bekannt. Für zwei Tage kam er noch einmal in die JVA nach Anrath, inzwischen ist er nach Geldern verlegt worden.

Die ermittelnde Staatsanwaltschaft Krefeld geht davon aus, dass der Gefangene bei seiner Flucht Helfer hatte. Nach Auskunft der JVA-Leiterin Beate Peters bestreitet der Flüchtige dies ebenso wie die Mitgefangenen. Ein strafrechtlich relevantes Verhalten von Justizvollzugsbeamten habe sich noch nicht ergeben. Das Verhalten des Bediensteten, der in der Werkhalle die Aufsicht hatte, wird derzeit durch die Leiterin der JVA geprüft.

(RP)
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