Schlossfestspiele Neersen Mit Mark Twain den Mississippi runter

Neersen · Bei den Schlossfestspielen gab Gregor Eckert den Schriftsteller als kauzig unkonventionelle Persönlichkeit.

 Der Schauspieler Gregor Eckert gestaltete den Abend im Schloss Neersen im szenischen Spiel.

Der Schauspieler Gregor Eckert gestaltete den Abend im Schloss Neersen im szenischen Spiel.

Foto: Kurt Lübke

Tom Sawyer und Huckleberry Finn sind sicherlich die bekanntesten Helden aus Mark Twains literarischem Schaffen. Sie fehlten natürlich nicht in Gregor Eckerts biografischem Soloprogramm „Gestatten! Mark Twain“. Im Ratssaal von Schloss Neersen las der Schauspieler nicht, sondern spielte Ausschnitte aus den Abenteuern zweier Lausbuben. Witzig hintergründig zeichnete er in Tonfall und Auftreten die Gemütsverfassung des jungen Huck nach wie auch den Charakter von dessen trunksüchtigen und berechnenden Vater.

Er habe für Tom Sawyer wohl selbst am meisten Modell gestanden, ließ Eckert Mark Twain sagen. Der Schauspieler gestaltete den Abend im szenischen Spiel. Bücher waren Teil der Requisiten aus dem großen Reisekoffer, doch nicht Basis einer Lesung. Der Darsteller trat im weißen Anzug mit halb unter der Weste verborgener roter Krawatte auf – in der einen Hand eine dicke Zigarre und in der anderen oft ein Glas Bourbon – so wie Zeitgenossen laut einer Schilderung Mark Twain häufig gesehen haben mochten. Er gab den Schriftsteller als kauzigen Sonderling, der in den Betrachtungen humoristisch, entlarvend, bissig und scharfzüngig in der Gesellschaftskritik war.

Als Weltenbummler war Mark Twain kreuz und quer durch die Vereinigen Staaten unterwegs gewesen und hatte einen Teil seines Lebens in Europa verbracht. In Anspielung auf dessen satirisches Essay über die deutsche Sprache karikierte der Schauspieler mit Mark Twains Worten temperamentvoll die „alphabetische Prozession“ langer Wortverbindungen und komplizierte Deklinationen. Er heiße Samuel Langhorne Clemens, sei aber bekannt als Mark Twain und über 100 Jahre tot, sagte Eckert nach diesem Einstieg im Rollenspiel zur Biographie des Autors. In der Ich-Perspektive erzählte er von abenteuerlich anmutenden Lebensstationen, von Mark Twains vorübergehender Arbeit als Lotse und wie der Ruf der Mississippi-Flussschiffer das Pseudonym für das literarische Schaffen prägte.

Mit lebendig eingefügten Zitaten gab Eckert Einblick in das Wesen des Mannes mit dem tiefgründigen Blick auf die Welt, der zum Beispiel sarkastisch befand, die Wahrheit sei das beste Gut des Menschen und daher sparsam anzuwenden. Behutsam mimte der Schauspieler Mark Twains Schmerz über den Tod der Frau und von drei der vier Kinder. Witzig war der Auftritt zum nachgespielten französischen Duell, bei dem einzig der Sekundant durch einen Sturz verletzt wurde. Den Franzosen war Mark Twain offensichtlich nicht unbedingt zugeneigt, wie die Zitate bewiesen. Die Deutschen mochte er anscheinend trotz ihrer Sprache schon eher. Doch deren Lust zu weinen beim Hören von Wagners „Lohengrin“ amüsierte ihn wohl, während er befand, dass nichts einer Oper so guttue wie das Weglassen des Gesangs.

Ausdrucksstark mimte Eckert die Empörung über Rassismus und Sklaverei, um ebenso die Erschöpfung des gealterten Schriftstellers nachzuempfinden, der über Tod und Teufel sinnierte. Mit Twain ließ er den Abend ausklingen zu Handlungsempfehlungen für das diesseitige und jenseitige Leben – so auch mit den Worten „Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu sein“.

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