Stadt Willich Schicke Mode aus dem Gymnasium

Stadt Willich · Im Anrather Lise-Meitner-Gymnasium rattern die Nähmaschinen. Seit einem halben Jahr gibt es dort eine jahrgangsübergreifende Näh-AG namens Schneiderwerkstatt.

 Schulsekretärin Susanne Schmidt bringt den Schülerinnen das Nähen bei. Dabei entstehen schicke Einzelstücke.

Schulsekretärin Susanne Schmidt bringt den Schülerinnen das Nähen bei. Dabei entstehen schicke Einzelstücke.

Foto: Wolfgang Kaiser

Mit einem kurzen Aufschrei stoppt Leila ihre Arbeit. "Frau Schmidt, ich habe vergessen, am Anfang zu sichern", sagt die 13-Jährige und blickt besorgt auf den Topfhandschuh, den sie gerade unter der Nadel ihrer Nähmaschine liegen hat, wo sie das hitzebeständige Vlies mit dem Stoff verbindet. Susanne Schmidt, die mit Lara an deren Zuschnitt für ein blau-weiß gestreiftes Sweatshirt-Oberteil arbeitet, lächelt beruhigend. "Das ist nicht so schlimm, da es sich in diesem Fall um kein Kleidungsstück handelt", erklärt Schmidt und wendet sich wieder dem Zuschnitt zu. Dort hat Lara bereits die einzelnen Teile des Schnittmusters mit Stecknadeln an den Stoff geheftet. "Immer daran denken, du musst es doppelt nehmen, sonst gibt es nur ein halbes Teil. Das ist die hintere Mitte, das ist die vordere Mitte", erinnert die Leiterin der Näh-AG des Anrather Lise-Meitner-Gymnasiums. Ein Nicken von Lara, die völlig in ihre Arbeit vertieft ist.

Dann ist Hilfestellung bei Jana angesagt. Die Zwölfjährige möchte ihren gerade genähten Rock noch ein Stückchen kürzen und das Prozedere Stück für Stück mit Schmidt durchgehen, damit das Ergebnis nachher stimmt. In dem Klassenraum des Gymnasiums sieht es aus wie in einer Schneiderei. Auf zusammengeschobenen Tischen sind Schülerinnen mit Zuschnitten beschäftigt, andere sitzen bereits an den Nähmaschinen und lassen die Maschinen rattern. Kästen mit Nähzubehör stehen überall herum, und neben der Tafel parken einen Bügelstation und eine Overlock-Maschine.

Zwei Schneiderpuppen tragen Blusenoberteile und einen fröhlichen Sommerrock. Darüber hängen handgenähte Taschen. "Das sind alles Stücke, die meine Schülerinnen in unserer AG bereits genäht haben", berichtet Schmidt voller Stolz. Nach den Herbstferien ist am Gymnasium eine Näh-AG an den Start gegangen. Unter dem Namen "Schneiderwerkstatt" treffen sich acht Gymnasiastinnen von der Klasse sechs bis zur Oberstufe einmal in der Woche für zwei Stunden, um unter Anleitung von Schmidt zu nähen. Die Idee zu dem Angebot hatte Schmidt selber. Die Schulsekretärin des Gymnasiums ist nämlich gelernte Schneiderin.

"Mein Wunsch war es, wieder ein bisschen kreativ zu arbeiten, und ich wollte mein Wissen gern weitergeben. So schlug ich unserem Schulleiter eine Näh-AG vor", berichtet Schmidt. Schulleiter Thomas Prell-Holthausen war begeistert, denn neben dem eigentlichen Nähspaß und der Tatsache, dass die Schüler Unikate für sich herstellen, geht noch etwas anderes mit dem Nähen einher. "Mit ritualisierten Handbewegungen, und die haben wir beim Nähen, werden exekutive Funktionen geschult, und die sind maßgeblich für den Erfolg in Schule und Beruf entscheidend", berichtet Prell-Holthausen.

Die Stadt Willich als Schulträger schaffte fünf Nähmaschinen, die Overlockmaschine und Zubehör wie professionelle Schneiderscheren an. Der Förderverein spendierte die Bügelanlage, und von einer anderen Schule erhielt das Anrather Gymnasium sechs weitere Nähmaschinen, sodass jetzt zwölf Maschinen zur Verfügung stehen.

"Mir macht Nähen riesig Spaß. Ich habe auch vorher genäht, aber daheim nimmt man sich irgendwie nicht die Zeit. Hier kann man quatschen, bekommt Hilfestellung und kriegt tolle fachliche Tipps", lobt Leonie (17 Jahre) das neue Angebot. Etwas selber machen, was nützlich ist, begeistert Henriette (zwölf Jahre), die als Näh-Anfängerin startete. "Wir nähen hier Unikate, die sonst keiner hat. Eigene Mode machen ist super", freuen sich Paula (13 Jahre) und Anna (14 Jahre). Auch wenn bislang nur Mädels an dem neuen Angebot Interesse zeigten, so steht die Näh-AG selbstverständlich auch Jungen offen. Eins ist auf jeden Fall klar: Schmidt möchte das Angebot im kommenden Schuljahr gern fortsetzen. Ihre aktuellen Teilnehmerinnen begrüßen dies, denn alle würden gern gemeinsam weiternähen.

(tref)
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