Abiturvorbereitungen Ganz plötzlich endete die Schulzeit

Willich · Der Weg zum Abitur hat sich durch Corona verändert. Für die Abiturienten Sofie Hendriks und Lars Tissen von der Robert-Schuman-Europaschule Willich sind ungewohnte Tage angebrochen.

 Abiturient Lars Tissen aus Schiefbahn bereitet sich zu Hause auf das Abitur vor.

Abiturient Lars Tissen aus Schiefbahn bereitet sich zu Hause auf das Abitur vor.

Foto: Norbert Prümen

Der Tatsache, dass es ausgerechnet ein Freitag der 13. war, als Sofie Hendriks und Lars Tissen gemeinsam mit ihren Stufenkollegen in der achten Unterrichtsstunde erfuhren, dass die Schulzeit für sie ab sofort ein Ende gefunden hat, messen die beiden Abiturienten der Robert-Schuman-Europaschule keine besondere Bedeutung zu. Das gerne als Unglücksbringer genannte Datum spielt für sie keine Rolle. Denn egal, welcher Tag es in den letzten Wochen kurz vor dem Abitur gewesen wäre: Das Leben wurde für die Abiturienten auf den Kopf gestellt. „Die ganze Stufe hatte in der achten und neunten Stunde Sport. Wir haben alle damit gerechnet, dass die Schulen früher schließen, aber nicht, dass es dann so schnell und plötzlich kommen würde. Wir haben alle gemeinsam in der Turnhalle gesessen und waren wie vor den Kopf gestoßen. Ich habe nur gedacht, das kann nicht sein. Es war eine total merkwürdige Situation, irgendwie unwirklich“, sagt Lars Tissen.

Man habe es im Gefühl gehabt, habe es aber nicht wahrhaben wollen, schließt sich Sofie Hendriks an. Der 18-Jährigen kamen, wie vielen anderen Mädchen in ihrer Stufe, die Tränen bei der Bekanntmachung. „Man wusste auf einmal, wir sehen uns heute zum letzten Mal als Stufe in der Schule. Er wird keinen Unterricht mehr geben. Ich war sprachlos und traurig“, berichtet die Abiturientin.

Schon bei der Schulkonferenz am Abend vorher stand das Thema im Raum, aber es war zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich klar. Für die 83 Abiturienten der RSE bedeutet das, dass ihre Intensivtage, die Mottotage unter dem Titel „Golden Twenties“ und nicht zuletzt das Verabschieden der Lehrer sowie der Abi-Gag komplett wegfallen. Bei den Intensivtagen handelt es sich um vier Tage, an denen die jeweiligen Leistungs- und Grundkurse eines Schülers für je einen Tag im Mittelpunkt stehen. Sechs Unterrichtsstunden lang dreht sich alles um das jeweilige Fach. Für Lars Tissen wären es komplette Unterrichtstage in seinen beiden Leistungskursen Englisch und Informatik sowie den Grundkursen Sozialwissenschaften und Mathe gewesen. Bei Sofie Hendriks hätten die Leistungskurse Biologie und Deutsch als auch die Grundkurse Sozialwissenschaften und Mathe den Unterricht gefüllt.

Stattdessen ist jetzt selbstständiges Lernen mit Unterstützung der Lehrer angesagt. Die Schüler haben schon während der Schulzeit das zur Verfügung stehende Office-Paket genutzt, das unter anderem die Programme Share Point und Teams anbietet. Genutzt wurde das Angebot allerdings in unterschiedlichem Umfang, je nachdem, wie es die Lehrer in den Unterricht integrierten. „Unsere Lehrer haben an diesem Freitag nochmals überprüft, ob alle einen Zugang haben und jeder von zu Hause auf das System zugreifen kann. Es gab einige, die ihren Account noch nicht in Anspruch genommen hatten“, berichtet Lars Tissen. Der 19-Jährige ist froh, dass er schon seit der elften Klasse mit dem System gearbeitet hat. „Es ist klasse, dass die Lehrer so für uns erreichbar sind, und das sogar abends und am Wochenende. Wir bekommen Aufgaben, können nachfragen. Ich fühle mich gut betreut“, lobt er.

Sofie Hendriks hatte ihren Account indes noch nicht aktiviert und tritt nun in eine andere Form der Begleitung durch die Lehrer ein. „Das Office-System ist eine gute Lösung, wenngleich ungewohnt. Aber ich vermisse den Unterricht. Toll ist, dass die Lehrer alle versuchen, uns so gut es geht unter die Arme zu greifen. Es gibt Chats für unsere Fächer, in denen wir Fragen stellen können. Trotzdem ist die Motivation, in der Schule gemeinsam mit allen zu arbeiten, bei mir größer als allein daheim. Aber mit Selbstdisziplin geht es“, sagt sie.

  Sophie Hendricks aus Anrath freut sich, dass die Betreuung durch ihre Lehrer auch über die Entfernung funktioniert.

Sophie Hendricks aus Anrath freut sich, dass die Betreuung durch ihre Lehrer auch über die Entfernung funktioniert.

Foto: Norbert Prümen

Traurig finden es beide, dass sie sich nicht richtig von ihren Lehrern, die sie die ganzen Jahre über betreut haben, verabschieden konnten. „Wir haben am besagten Freitag noch ein großes Herz auf den Schulhof gemalt, alle Lehrer, die da waren, hineingestellt und uns für die Begleitung durch die Schulzeit bedankt“, erzählt Sofie Hendriks, die wie Lars Tissen Stufensprecherin war. Normalerweise hätte man sich richtig verabschiedet und auch die Mottowoche dazu genutzt, in den Pausen mit den Lehrern Spaß zu haben. Ob man indes den jetzt wegfallenden Abi-Gag vor den Sommerferien nachholt und auch die Liftfaßsäule, an der sich an der RSE traditionell der Abi-Jahrgang mit Fotos und Bannern verabschiedet, noch bestückt, ist unklar. Für die Abiturienten 2021 wäre es auf jeden Fall komisch, wenn sie die Fotos der Abiturienten 2019 anstelle des Jahrgangs 2020 abhängen müssten. Sofie Hendriks und Lars Tissen wünschen sich jetzt erst einmal, nach den Osterferien ihre Abiturklausuren schreiben zu dürfen, und hoffen, dass der Abi-Ball am 26. Juni stattfinden kann. „Immerhin hängt das Kleid dafür schon in meinem Kleiderschrank“, sagt Sofie Hendriks, und sie ist sicherlich nicht die einzige, die für das Ereignis schon eingekauft hat.

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