Stadt Willich Raus aus der Hinterhofmoschee

Stadt Willich · Die islamische Gemeinde Willich möchte an der Bahnstraße einen neuen Gebetsraum bauen. Der soll durch große Fenster einen Blick nach innen gewähren. Vorurteile und Ängste sollen so abgebaut werden.

Zwischen dem Altbau und der jetzigen Moschee soll ein neuer, etwa 200 Quadratmeter großer Gebetsraum entstehen.

Zwischen dem Altbau und der jetzigen Moschee soll ein neuer, etwa 200 Quadratmeter großer Gebetsraum entstehen.

Foto: Islamische Gemeinde Willich

"Wir wollen raus aus der Hinterhofmoschee", sagt Kerim Isik, Vorsitzender der islamischen Gemeinde Willich, die ihre Räume seit 17 Jahren an der Bahnstraße hat. Isik und sein recht junges Vorstandsteam planen, zwischen dem Altbau und der jetzigen Moschee einen neuen, rund 200 Quadratmeter großen Gebetsraum zu bauen. Der soll hell und freundlich sein und große Fenster haben - damit man nicht nur raus-, sondern auch reingucken kann.

Bisher ist es nur eine Idee in den Köpfen und in einer selbst gefertigten Computersimulation, aber heute wird ein Architekt an die Bahnstraße kommen "und schauen, was machbar ist", sagt Isik. Bisher ist das islamische Gemeindezentrum nicht besonders ansehnlich, befindet sich in einer ehemaligen Schreinerei. Im Rahmen des Neubaus sollen laut Isik auch die alten Gebäude saniert, gedämmt und verklinkert werden, sodass sich ein stimmiges Gesamtbild ergibt. Der Innenhof soll neu gepflastert und bepflanzt werden.

In der jetzigen, rund 100 Quadratmeter großen Moschee sollen Räume für die Jugendabteilung und die Frauen-Jugendabteilung entstehen, zudem soll es Räume geben, in denen Seminare angeboten werden können. Religionsunterricht, Integrationskurse für Flüchtlinge und Migranten, Berufsbildungskurse, Nachhilfe für Schüler, ein Jugendcafé, Spiel- und Bastelgruppen für Kleinkinder: Die Ideen sind vielfältig, weitere werden gern entgegengenommen, sagt der Vorsitzende der islamischen Gemeinde Willich.

Vor allem für die Jugend wolle man etwas tun. "Die wollen wir von der Straße holen, dafür wollen wir Geld ausgeben", sagt Isik und fügt an, dass man auch aus diesem Grund auf ein teures Minarett verzichte. Allenfalls soll es eine kleine Glaskuppel geben - wenn diese denn genehmigt wird. "Wenn nicht, ist das auch nicht so schlimm", so Isik. Wichtig sind ihm aber die großen Fenster: "Die Leute sollen sehen können, was die Muslime drinnen machen. Wir wollen Vorurteile abbauen und uns weiter öffnen." Denn die islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), der die Willicher Gemeinde angehört, wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen sagte aber fast vor genau einem Jahr: "Wir nehmen den Wandel bei einigen Organisationen des legalistischen Islamismus wahr. Ohne Prophet sein zu wollen: Es könnte sein, dass wir in ein paar Jahren feststellen, dass die IGMG (Milli Görüs) auf dem Boden der Verfassung steht." In fünf Bundesländern ist die Beobachtung durch den Verfassungsschutz auch bereits eingestellt: in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen sowie in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Saarland.

Finanziert werden soll das vermutlich zwischen 300.000 und 400.000 Euro teure Projekt in Willich durch Spenden der etwa 180 Mitglieder sowie durch Einnahmen von speziellen Veranstaltungen. Konzerte etwa, die aber nicht an der Bahnstraße stattfinden werden, beruhigt Isik. Denn in sozialen Medien gibt es neben sehr viel Zustimmung auch kritische Stimmen, die unter anderem die Parkplatzsituation bemängeln. Isik dazu: "Unter der Woche ist hier ohnehin nicht viel los, lediglich zum Freitagsgebet und einmal im Jahr an Ramadan ist viel Betrieb. Zudem sind in der Nähe unseres Gemeindezentrums zwei Bushaltestellen, und die meisten Mitglieder kommen zu Fuß", so Isik, der Kritik aber nicht generell wegwischen will, sondern dankbar ist für Anregungen aus der Bevölkerung. Beleidigungen werde man jedoch nicht akzeptieren. "Wir wollen die Gemeinsamkeiten der Religionen betonen und uns nicht durch kleine Unterschiede verrückt machen lassen", sagt Isik. Und genau dafür brauche es eine offene Moschee, durch die Vertrauen aufgebaut werde.

(RP)
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