Stadt Willich Nur noch ein bisschen Lakritze

Stadt Willich · Nach 69 Jahren schließt das Willicher Tee- und Pralinengeschäft an der Peterstraße. Peter Hillers gibt das Traditionsgeschäft schweren Herzens auf. In seinen Augen arbeitet die Stadt Willich gegen den Einzelhandel.

 Marion Thißen und Peter Hillers zeigen die leeren Teedosen. Am 30. September schließt das Familienunternehmen an der Peterstraße für immer.

Marion Thißen und Peter Hillers zeigen die leeren Teedosen. Am 30. September schließt das Familienunternehmen an der Peterstraße für immer.

Foto: Wolfgang Kaiser

"Willicher Teeladen - Spezialitäten für Genießer" ist noch über dem Schaufenster an der Peterstraße 20 zu lesen, aber im Ladeninneren locken keine Tees und Pralinen mehr. Ein Samowar und ein Schokoladenbrunnen neben unterschiedlichsten Teetassen und einem Teeservice sind noch zu sehen. "Unsere Tees und die Pralinenspezialitäten haben wir schon alle abverkauft. Wir haben nur noch ein bisschen Weingummi und Lakritze", sagt Peter Hillers und blickt ein wenig wehmütig durch das 30 Quadratmeter große Ladenlokal, das er von seinem Vater vor 35 Jahren übernommen hat und das seit 69 Jahren zum Bild der Willicher Innenstadt gehört.

"Eigentlich wollte ich noch zwei oder drei Jahre länger machen, aber das gibt die Kundenfrequenz nicht mehr her", bemerkt Hillers. Das Modell, das jahrelang gut funktionierte, laufe nicht mehr. Die Lage habe sich gedreht, ein Phänomen für alle, fügt er an. Die Menschen kommen nicht mehr in den Ort, sondern empfinden das Internet als attraktiver und bestellen per Klick. Allerdings führt Hillers diesen Trend auch ein stückweit auf die Stadt Willich und ihre Planung zurück. In seinen Augen beschäftigt sich die Stadt ausschließlich mit den Industriegebieten und fördert den Mittelstand. "Die Einzelhandelsstruktur wird in Willich vernachlässigt. Der Einzelhandel erfährt keine Unterstützung", klagt Hillers. Der Einzelhandel als solcher bleibt nach seiner Meinung auf der Strecke, und wenn etwas geschehe, dann nicht zum Wohle des Einzelhandels.

Einen der Hauptgründe in der abnehmenden Kundenfrequenz sieht er unter anderem im Wegfall der rund 50 Parkplätze am Kaiserplatz: Hier konnte der Kunde bequem parken und in den Ort gehen. Stattdessen gebe es nun Parkschwierigkeiten, die sich in der Kundenfrequenz niederschlügen. Dazu komme die umgedrehte Verkehrsführung auf der der Peterstraße. Wobei Hillers die Gründe der Stadt Willich für diese Maßnahme bis heute ein Rätsel sind: "Ich kann nicht nachvollziehen, warum die Stadt dies gemacht hat", meint Hillers. Was der Einzelhändler ebenfalls nicht verstehen kann, ist die Tatsache, dass die Stadt auf von Einzelhändlern gemachte Vorschläge nicht eingehe. Vom Einzelhandel sei so unter anderem der Vorschlag gekommen, Schilder in Richtung Ortsmitte aufzustellen, um ortsfremden Bürgern einen entsprechenden Hinweis zu geben und die Orientierung zu erleichtern. Passiert ist bis heute nichts.

Hillers hat nun seine Konsequenzen gezogen und schließt sein Ladenlokal zum Ende des Monats. Damit geht nach 69 Jahren eine Ära zu Ende, deren Grundstein Peter Hillers senior mit der Gründung eines Eisgeschäftes samt Süßwaren und Gebäck im Juni 1948 einst an der Peterstraße 25, schräg gegenüber dem heutigen Ladenlokal, legte. 1953/54 erfolgte der Neubau an der Peterstraße 20, wobei der Seniorchef das Eiscafé ab 1962 aus gesundheitlichen Gründen verpachtete.

Die Hillers betrieben indes weiter ein Fachgeschäft für Süßwaren, das der Juniorchef bei seiner Übernahme 1985 mit Tees und belgische Pralinen erweiterte. "Es steckt viel Herzblut im Ladenlokal. Mir selber fällt es schwer, es aufzugeben. Einzelhandel vor Ort hat auch ein stückweit eine soziale Funktion. Hier erzählt man noch mit den Kunden, hat Kontakte. Es ist schade, dass wieder etwas wegbricht", kommentiert Hillers die Schließung.

(tref)
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