Tönisvorst Nur der Helm ist unbequem

Tönisvorst · Wenn der Vorster Herbert Kohnen am 9. November in den Sattel steigt, um als St. Martin den Zug der Kinder anzuführen, dann hat das Tradition. Er spielt zum 24. Mal den Heiligen Mann hoch zu Ross.

Noch hängt der lange rote Mantel sorgsam verpackt in einer Leinenhülle im Schrank. Das Schwert wartet dort ebenfalls auf seinen Einsatz. Lediglich der Helm hat nach einer einjährigen Pause schon wieder Tageslicht gesehen. "Der muss vorher immer gut poliert werden, damit er richtig glänzt", verrät Herbert Kohnen schmunzelnd. Der Martinstag rückt näher und damit die Vorbereitungen für die beiden Martinszüge in Vorst. Zum 24. Mal steigt Herbert Kohnen in diesem Jahr aufs Pferd.

Strahlende Kinderaugen

"Eigentlich bin ich mit St. Martin groß geworden", erinnert er sich. Schon sein Vater Johannes Kohnen war im Martinskomitee Vorst tätig und ritt unter anderem als Herold mit. Sohn Herbert Kohnen trat in Vaters Fußstapfen. Mit 16 Jahren wurde der aktive Reiter nicht nur Martinskomitee Mitglied, sondern selber Herold. Das hielt sich über die Jahre, bis Hubert Nauen nach 40 Jahren als St. Martin sein Amt niederlegte. "Ich bin gefragt worden, ob ich das übernehmen könnte und habe ja gesagt", so Herbert Kohnen. Ritt er am Anfang noch seine eigenen Pferde, so werden diese seit Jahren vom Neersener Reitstall Grotenburg gestellt. "Vor zehn Jahren habe ich die aktive Reiterei an den Nagel gehängt. Jetzt geht es nur noch für St. Martin in den Sattel", bemerkt der 56-Jährige. Wenn er in die Rolle des Heiligen schlüpft, der seinen Mantel mit einem Bettler teilt, dann sind die strahlenden Kinderaugen für ihn das Schönste. So manches Anekdötchen hat er dabei schon erlebt. "Einmal fragte mich ein kleiner Junge bei der Tütenverteilung, ob ich einen Papa hätte. Ich bejahte und da meinte der Kleine, was mein Papa denn dazu sage, dass ich meinen Mantel zerschneiden würde", erzählt der Vorster. Die Fragen, ob das Schwert echt sei, man das Pferd einmal streicheln dürfe und wie das mit dem Zerschneiden des Mantels gehe, kommen jedes Jahr wieder. Die beiden ersten Fragen werden immer mit einem Ja beantwortet, aber die zweite bleibt ein Geheimnis.

Und eins wollen viele Kinder natürlich auch immer. Einmal mit dem St. Martin auf dem Pferd sitzen. Diesen Wunsch erfüllt Herbert Kohnen wann immer es geht. Selbstgemalte Bilder mit Grüßen an den St. Martin bekommt der Vorster auch zur genüge. In seinen Augen ist St. Martin in Vorst wirklich etwas besonderes. "Wir sind ein sehr aktives Martinskomitee mit älteren und jüngeren Mitgliedern und treffen bei der Vorster Bevölkerung auf große Zustimmung und Spendenbereitschaft. Es ist eine rundum schöne Sache", betont er. Der Höhepunkt ist aber natürlich der Zug. Der schon mit dem Treffen des Vorstandes, der Feuerwehr und des Musikvereins auf dem Hof der Familie Kohnen beginnt. Seine 82-jährige Mutter Christel Kohnen backt dazu reichlich Püfferkes, die es als Stärkung vor dem Zug gibt, bevor sich alles formiert: Die sechs Herolde samt St. Martin steigen in den Sattel, die Komiteemitglieder zünden ihre roten Fackeln an. Froh ist Herbert Kohnen nur um eines, wenn der Martinstag beendet ist. "Der Helm ist wirklich unbequem und wenn ich den wieder ablegen kann, ist es eine Erleichterung."

(RP)
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