Willich Noten vom "Stollenpapst"

Willich · Weihnachtliche Leckerei auf dem Prüfstand: Die Bäckerinnung Krefeld-Kreis Viersen hat Christstollenund Gebäcke von 13 Betrieben aus der Region getestet und benotet. 14 waren sehr gut, ebenso viele gut.

ST. TÖNIS Der Boden von Nummer 38 ist zu weich. Das merkt Wilfried Robertz sofort. Schon der Test mit dem Messer zeigt dem Fachmann das Manko. Das gibt Punktabzug. Wilfried Robertz, Mitarbeiter des Instituts für Qualitätssicherung von Backwaren, ist einer von deutschlandweit 15 Spezialisten für Christ-Stollen. "Man nennt mich auch den Stollenpapst", sagt der Kölner mit rheinischer Unbescheidenheit. Zum Stollentest der Bäckerinnung Krefeld-Kreis Viersen ist Robertz als Prüfer ins St. Töniser Rathausfoyer gekommen. 21 Christstollen von 13 Betrieben aus der Region muss der Fachmann bewerten. Auch Weihnachtsgebäck gilt es zu verkosten.

Probierhäppchen für Passanten

Am Ende werden 14 Stollen und Gebäcke mit sehr gut, 14 mit gut und sechs mit befriedigend bewertet. Die Prüfung zieht viele Schaulustige an. "Wir wollten uns das mal ansehen", sagt Giesela Steinort. Aber beim Ansehen bleibt es nicht. Zu verlockend sehen die kleinen Stücke auf den Probiertellern für die Passanten aus. "Der ist von der Bäckerei Bölte, das schmeckt man", ruf eine Frau überzeugt, nachdem sie ein Stück genascht hat. Dem Prüfer ist es egal. Für ihn sind alle Stollen eine anonyme Nummer.

Die Bäckermeister im Hintergrund beobachten den Fachmann genau. Auch Sebastian van Densen will einen Stollen testen lassen. "Ich habe meine persönliche Lieblingssorte dabei", sagt der Bäckermeister aus St. Tönis. Die zeichne sich durch einen Marzipankern und einen hohen Fruchtanteil aus. "Außerdem werden die Mandeln bei uns vor dem Verarbeiten in Milch aufgeweicht", verrät der 30-Jährige ein Betriebsgeheimnis.

Wilfried Robertz trinkt derweil seine Grün-Schwarztee-Mischung, um den Fettbelag von der Zunge zu spülen. Dann wickelt er den nächsten Stollen aus. Er schneidet und drückt und riecht und schmeckt und hat ihn, den perfekten Stollen: Die Oberfläche ist nicht eingefallen, der Boden nicht verschmiert. Beim Schneiden krümelt er nicht und zu viel Puderzucker fällt auch nicht ab. Er ist nicht zu weich, aber saftig und die Früchte sind gleichmäßig verteilt. Er riecht frisch und hat keinen Fremdgeschmack. Dafür gibt es ein Zertifikat mit der Note "sehr gut".

Stellt der Fachmann hingegen Mängel fest, werden die notiert und dem Bäckermeister mitgegeben. "Wir wollen die Qualität ja nicht nur testen, sondern auch verbessern", sagt Robert Weißert, Obermeister der Bäckerinnung. Einmal habe es den Fall gegeben, dass ein Kollege einem Prüfer einen Supermarkt-Stollen vorgelegt habe. "Aber der ist sang- und klanglos durchgefallen", erzählt der Bäckermeister aus Forstwald. Qualität setze sich eben doch durch. Frage des Tages

(RP)
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