Willich "Nicht nur den Täter ermitteln"

Willich · "Von der Wiege in den Knast": Acht angehende Polizei- und Kommunalbeamten haben den Umgang der Behörden mit Jugendkriminalität beleuchtet: Schulen sollten früher reagieren, Ämter intensiver zusammenarbeiten.

willich/tönisvorst Die Polizei spielt häufig nur die Feuerwehr. "Wir löschen die Brände, aber zum Brandschutz kommen wir nicht", sagt Polizeidirektor Hubert Vitt. Soll heißen: Die Polizei verfolgt Straftaten, ermittelt die Täter, wird aber nicht unbedingt in der Prävention tätig. "Das reicht uns aber eigentlich nicht. Wir sind nicht zufrieden damit, zu ermitteln, wer der Täter ist", betont der Chef der Kreispolizei – deshalb sei es wichtig, die Zusammenarbeit mit den kommunalen Stellen, wie Jugendamt, Ordnungsamt, dem Allgemeinen Sozialen Dienst und den Streetworkern weiter zu verbessern, ein noch intensiveres Netzwerk aufzubauen.

Früh eingreifen

Acht Studierende der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung haben sich unter dem Titel "Von der Wiege in den Knast" einem Projekt zur Jugendkriminalität gewidmet. Vitt hat sie dabei betreut. Die Studenten sind zu dem Ergebnis gekommen: "Wenn die Einrichtungen rechtzeitig eingreifen, kann der Weg anders verlaufen", sagt Simon Gebhardt, einer der Polizeianwärter für den gehobenen Dienst. Deshalb sei es wichtig, schon früh vorzubeugen. Die Projektgruppe markiert die Schule als entscheidenden Punkt. Zum Beispiel müsse bei Schulschwänzern wesentlich früher eingegriffen werden, als dies häufig der Fall sei. "Viele jugendliche Schulschwänzer werden später zu Straftätern", berichtet Lena Schneider von ihren Untersuchungen. An einigen Schulen im Kreis, wie der Europaschule in Schwalmtal oder Gesamtschule in Nettetal gebe es da bereits ganz gut funktionierende Projekte. Jedoch gibt es bislang keine generelle Regel, wie sich die Schulen zu verhalten haben. Das finden die Studenten problematisch. "Es sollten häufiger Anwesenheitskontrollen durchgeführt werden", schlägt die Kommissarsanwärterin vor.

Interviews mit Straffälligen

Die Gruppe hat viele Interviews mit straffällig gewordenen Jugendlichen geführt, um ein Bild von ihren Lebensläufen zu bekommen. Aber auch mit öffentlichen Stellen, um Genaueres über ihre Arbeit und die Zusammenarbeit mit der Polizei zu erfahren – Dinge, von denen sie in ihrem späteren Berufsleben auch noch profitieren können. Insgesamt funktioniere die Zusammenarbeit zwischen Jugendamt und Polizei gut, berichtet Stephan Groos. "Manchmal fließen die Informationen aber auch etwas einseitig." Das könnte verbessert werden, sagt der Student. Erschwerend für eine erfolgreiche Präventionsarbeit sei auch, dass die Jugendsachbearbeiter teilweise "zu zwei Dritteln mit anderen Aufgaben beschäftigt" seien.

Bei ihrer zwei monatigen Arbeit soll es nicht bleiben. Zwar erwarten die Studierenden an der Fachhochschule in Duisburg bald neue Aufgaben, jedoch seien die Weichen für ein gemeinsames Konzept von Polizei, Schulamt, Jugendamt und den Schulen gestellt.

(RP)
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