Das RP-Sommergespräch Grüner Bürgermeister für Willich?

Willich · Parteichef Merlin Praetor und Fraktionsvorsitzender Raimund Berg sprechen über die Pläne der Willicher Grünen. Die Partei überlegt, zur Kommunalwahl 2020 einen eigenen Bürgermeister-Kandidaten aufzustellen.

 Für die Grünen ist die Umgestaltung des Marktplatzes eine wichtige Maßnahme, um die Willicher Innenstädte wieder zu stärken.

Für die Grünen ist die Umgestaltung des Marktplatzes eine wichtige Maßnahme, um die Willicher Innenstädte wieder zu stärken.

Foto: Marc Schütz

Große Hoffnungen setzen die Willicher Grünen in den neuen Technischen Beigeordneten der Stadt, der im kommenden Jahr die Nachfolge von Martina Stall antreten soll – wer auch immer das sein wird, denn zurzeit läuft die Suche nach einem geeigneten Kandidaten, der dann vom Stadtrat gewählt werden muss. Neben den Hoffnungen haben die Grünen aber auch klare Erwartungen: „Kernkompetenz des oder der neuen Beigeordneten muss die Stadtplanung sein“, sagt Raimund Berg, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Fehler der Vergangenheit, etwa bei der Ortskernentwicklung, gelte es zu korrigieren, ergänzt der Parteivorsitzende Merlin Praetor.

Infrastrukturthemen wie Verkehr, Leben und Lärm sind es, die nach Ansicht der Willicher Grünen die Menschen am meisten betreffen und bewegen und die daher auch bei den nächsten Kommunalwahlen 2020 eine große Rolle spielen werden. Vor allem dem Lärm wolle sich die Partie widmen, versprechen Berg und Praetor und kündigen an, sich dafür einzusetzen, dass es einen Lärmaktionsplan für die Stadt geben soll, in dem der Ist-Zustand erfasst und Verbesserungsmöglichkeiten aufgezeigt werden. „,Wieso kann ich in Willich nicht mehr so ruhig leben wie früher?’, fragen mich viele Bürger“, sagt Berg und nennt ein weiteres Zukunftsthema für Willich: bezahlbaren, seniorengerechten, zentrumsnahen Wohnraum und eine Rückbesinnung auf die Funktion der Innenstädte. „Wenn man Einzehlandel im Außenbereich zulässt, muss man sich nicht wundern, wenn die Zentren zerfasern“, sagt Praetor. Die Umgestaltung des Marktes in Alt-Willich sei ein guter Anfang, allerdings müsse man darauf achten, dass keine lebensfernen Betonwüsten entstehen. „Daher geht es um mehr als ein paar Kugel-Ahorne“, sagt Berg.

 Merlin Praetor ist Vorsitzender der Willicher Grünen.

Merlin Praetor ist Vorsitzender der Willicher Grünen.

Foto: Grüne

Seine Partei hatte von manchem Wähler Schelte bekommen, weil sie sich anfangs nicht stark genug für den Erhalt der Bäume eingesetzt habe. Für die Grünen ist es oft ein Dilemma, die Balance zwischen Ideologie und Pragmatismus zu wahren. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Straße, die Niederheide und Wekeln miteinander verbinden könnte, aber mitten durch ein Landschaftsschutzgebiet führen würde. „Wir haben ein akutes Verkehrsproblem im Ortszentrum von Schiefbahn“, sagt Raimund Berg und verweist auf die stark befahrene Hochstraße. Derzeit nutzten rund 2000 Pkw täglich die Anlieger- und Feldwege im Bereich Klein Kempen und Co. Würde man die Verbindungsstraße nicht bauen und die Schleichwege „abpollern“, stelle sich die Frage, wo der Verkehr dann langfließen würde. „Wir können den Verkehr ja nicht einfach wegschnipsen“, sagt Merlin Praetor. Doch bevor man nun einfach eine Straße baue, müsse ohnehin erst einmal der Ausbau der Anschlussstelle der A44 in Münchheide abgewartet werden. Denn auch dadurch ergäben sich möglicherweise neue Verkehrsströme. Schnellschüsse seien jedenfalls nicht sinnvoll, sind sich Praetor und Berg einig. Zudem könne es nicht das Allheilmittel sein, „einfach eine Straße zu bauen“. Vielmehr müsse man Alternativen schaffen – also den öffentlichen Personennahverkehr stärken und dabei auch die Anbindung an andere Städte wie Mönchengladbach, Krefeld und natürlich Düsseldorf denken (Berg: „Die Regiobahn muss kommen, auch ohne Mönchengladbach“) und das Radwegenetz weiter verbessern. Den Grünen wichtig: die Einbindung der Bürger, weswegen es zur Thematik „Klein Kempen“ auch eine gut besuchte Abendveranstaltung gab.

 Raimund Berg ist Fraktionsvorsitzender der Grünen.

Raimund Berg ist Fraktionsvorsitzender der Grünen.

Foto: Maessen/Dackweiler

Die Grünen sehen sich durch ihr gutes Abschneiden bei den Kommunalwahlen 2104 gestärkt und wollen weiter mitgestalten – weswegen sie Ende des Jahres eine strategische Zusammenarbeit mit der CDU eingegangen sind. Im Gespräch machen Praetor und Berg deutlich deutlich, dass die Union in Willich der verlässlichste Partner sei – auch wenn man naturgemäß nicht bei allen Themen einer Meinung sein könne. „Ein guter Umgangston führt halt zu besseren Entscheidungen“, so Berg. Bei wichtigen Themenfeldern wie Finanzpolitik, Verkehr und Gewerbe habe man große Übereinstimmungen. Den Vorwurf, die Allianz mit der Union nur eingegangen zu sein, um Posten zu besetzen, weisen Praetor und Berg zurück: „Da wird viel zu viel hinein interpretiert“, so Berg. Auf die Frage, ob er denn der nächste Kämmerer Willichs werden möchte, wenn Willy Kerbusch 2021 in den Ruhestand geht, antwortet er: „Ich habe aktuell einen interessanten Job und sehe keine Veranlassung, das zu verändern.“

Vielleicht stellt sich die Jobfrage ja auch schon 2020, wenn ein neuer Bürgermeister gewählt wird. Die Grünen können sich jedenfalls durchaus vorstellen, einen eigenen Kandidaten aufzustellen. „Bei den letzten Kommunalwahlen hatte die FDP ein hervorragendes Ergebnis, weil sie mit Hans-Joachim Donath einen Bürgermeisterkandidaten hatte“, sagt Berg. „Wir haben jedenfalls viele potenzielle Köpfe, die das machen könnten“, sagt Merlin Praetor.

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