Stadt Willich Mehr Stolpersteine für Willich

Stadt Willich · Am Mittwoch vor 70 Jahren wurden mehr als 1000 Juden aus dem Rheinland ins Ghetto Litzmannstadt deportiert. Mit dabei war Familie Kaufmann aus Schiefbahn. An sie und alle deportierten Juden der Stadt sollen Stolpersteine erinnern.

 Künstler Gunter Demnig wird Anfang Februar die ersten Stolpersteine in Schiefbahn verlegen.

Künstler Gunter Demnig wird Anfang Februar die ersten Stolpersteine in Schiefbahn verlegen.

Foto: Wolfgang Kaiser

26. Oktober 1941, 13 Uhr: Auf dem Hof des Schiefbahner Rathauses muss sich Familie Kaufmann einfinden. Vater Siegmund, Mutter Josefine, Tochter Else, die Söhne Ernst und Fritz und die verwitwete Tochter Thekla Heumann mit ihrem vierjährigen Sohn Herbert, sollen an diesem Tag ins Ghetto Litzmannstadt (Lodz) deportiert werden. Über Mönchengladbach geht es für die siebenköpfige Familie nach Düsseldorf und dann mit mehr als 1000 anderen jüdischen Bürgern aus dem Rheinland nach Litzmannstadt. Jeder darf 50 Kilo Gepäck dabei haben und Nahrungsmittel für drei Tage. 100 Reichsmark mussten sie zudem für den Transport aufbringen.

Mit 66 Personen muss Familie Kaufmann aus Schiefbahn in Litzmannstadt in einer Wohnung leben — unter schwersten Entbehrungen und unmenschlichen Bedingungen. Siegmund Kaufmann überlebt das Ghetto nicht. Er stirbt im Juli 1942. Seine Frau Josefine, seine Kinder Else und Ernst sowie Thekla Heumann und deren Sohn Herbert werden im September 1942 im Vernichtungslager Chelmno (Kulmhof) ermordet. Nur Sohn Fritz Kaufmann überlebte das Grauen und kehrte nach dem Kriegsende nach Schiefbahn zurück.

Es sind Schicksale wie das der Familie Kaufmann, das die Klasse 9f des Schiefbahner St. Bernhard-Gymnasiums im vergangenen Schuljahr aufgearbeitet hat. Die Arbeit der Schüler mündete in dem Antrag, als Erinnerung an die deportierten und ermordeten Juden aus der Stadt Willich Stolpersteine zu verlegen. Den Schülern ging es dabei um die vier jüdischen Kinder, die in den Vernichtungslagern umkamen. Dazu gehörte aus der Familie Kaufmann auch Enkel Herbert. Der Rat der Stadt Willich genehmigte die Verlegung der Stolpersteine im Sommer einstimmig.

Künstler Gunter Demnig, der anlässlich der 70. Jahrestage der Deportationen der Juden aus dem Rheinland derzeit extrem gefragt ist, regte in der Zwischenzeit aber an, nicht nur an die ermordeten Juden im Kindesalter, sondern auch an deren Eltern und Verwandten zu erinnern. Ein Vorschlag, der in der Stadt Willich auf viel Verständnis stieß. "Es sind 42 deportierte Juden, für die wir Stolpersteine setzen lassen werden", sagt Bernd-Dieter Röhrscheid.

Der Fraktionschef der SPD ist Lehrer am St. Bernhard-Gymnasium und begleitet die Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine, die aus dem Engagement der früheren Klasse 9f entstanden ist. Er arbeitet gemeinsam mit Stadtarchivar Udo Holzenthal zudem an einem Buch über das Schicksal der jüdischen Familien in Willich.

Die ersten Stolpersteine sollen am 6. Februar 2012 an der Schulstraße 2 in Schiefbahn verlegt werden. Sieben Steine für die sieben Mitglieder der Familie Kaufmann, die vor ihrer Deportation an der Schulstraße gelebt hatte. Im Frühsommer, so Röhrscheid, folgen die Stolpersteine für die Juden aus der Stadt Willich, die nach Riga deportiert wurden (11. Dezember 1941). Und im Spätsommer, so die Planung, sollen die Stolpersteine für die Juden verlegt werden, die nach Theresienstadt deportiert wurden (25. Juli 1942). Frage des Tages

(RP)
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