Stadt Willich Markus Gather mag's dynamisch

Stadt Willich · Der 46-jährige Lehrer und Hobby-Musiker aus Anrath ist seit einigen Wochen stellvertretender Bürgermeister.

 In seinem Hobbykeller vergisst Markus Gather bisweilen die Zeit. Diese verbringt er als stellvertretender Bürgermeister seit einigen Wochen mehr denn je mit den Willicher Bürgern.

In seinem Hobbykeller vergisst Markus Gather bisweilen die Zeit. Diese verbringt er als stellvertretender Bürgermeister seit einigen Wochen mehr denn je mit den Willicher Bürgern.

Foto: Wolfgang Kaiser

Lehrer, Musiker, SPD-Stadtbezirksvorsitzender, Vereinsgründer, Hundebesitzer, SPD-Ratsherr, Verlobter - und seit einigen Wochen stellvertretender Bürgermeister der Stadt Willich. Markus Gather hat viele Rollen. "Ich mag's dynamisch, ich bin kein stiller, ruhiger Mensch", sagt der 46-Jährige. Ruhe und Entspannung findet er am ehesten im Hobbykeller unter seiner Wohnung in Anrath.

Sein Rückzugsort gleicht einem professionellen Tonstudio: Gitarren, ein Schlagzeug und ein Keyboard sind dort neben jeder Menge Technik zu finden. Seine Band "Poets and Workers" hat hier schon viele Tonträger produziert. Und dann sind da noch meterlange Bücherreihen. "Wenn ich hier unten bin, vergesse ich schon mal die Zeit", sagt er.

Dabei ist Zeit für den Lehrer für Deutsch und Geschichte in der Sekundarstufe I an der Robert-Schuman-Europaschule das kostbarste Gut. Diese Zeit teilt er nun mehr denn je mit Bürgern Willichs. In seinem Amt als zweiter stellvertretender Bürgermeister neben Guido Görtz (CDU) besucht er Jubelhochzeits-Paare oder über 90-Jährige zum Geburtstag oder vertritt den hauptamtlichen Bürgermeister Josef Heyes bei Vereinsjubiläen oder Schützenfesten sowie anderen Repräsentationsaufgaben. "Die Vereine müssen vielfach auffangen, was früher der Staat oder die Kirchen finanziert haben. Es ist Aufgabe der Politik, Ehrenamt zu fördern", so Gather.

Die Partei-Politik will er außen vor lassen, wenn er im Namen der Stadt unterwegs ist. Er versucht, auf die Menschen einzugehen und einen individuellen Zugang zu finden. Dabei will Gather, der in Anrath verwurzelt ist und dort vor fünf Jahren den Verein "Anrath 1tausend", der unschuldig in Not Geratenen hilft, mitbegründet hat und einer der "Anrather Köpfe" ist, ein stellvertretender Bürgermeister für alle Willicher sein: "Meine Familie stammt aus Neersen, ich bin in Anrath aufgewachsen, in Schiefbahn zur Schule gegangen und arbeite jetzt in Willich. Ich kenne also viele Leute in allen Stadtteilen."

Gather hat bereits in den ersten Wochen in seinem neuen Amt beobachtet, dass viele sich freuen, wenn sich ein Vertreter der Stadt Zeit für sie nimmt. Das gibt ihm Anlass zur Hoffnung. Denn die Politikverdrossenheit bereitet ihm Sorge. Den Menschen die Demokratie wieder näherzubringen, sie erlebbar zu machen, müsse Ziel aller Parteien sein. "Ich fände es furchtbar, wenn bei der nächsten Kommunalwahl die Wahlbeteiligung unter 50 Prozent sinken würde", sagt Gather.

"Ich nehme aus den Gesprächen mit den Bürger unheimlich viel mit", sagt der 46-Jährige, der bei vielen Terminen von seiner 27-jährigen Verlobten Stefanie Kirsch, einer Lehramtsstudentin, begleitet wird. "Ich finde es toll, dass sie das alles mitträgt", sagt er. Gather ist erst 2011 zur Politik gekommen. "Schuld" daran waren seine Schüler. Er habe von ihnen immer gefordert, sich gesellschaftlich zu engagieren. Als die Schüler ihn dann fragten, wie er selbst das mache, sei er ins Überlegen geraten. "Ich war nicht Vorbild. Also habe ich mir eine Partei gesucht, mit der ich mich am ehesten identifizieren kann. Da ich aus einer Arbeiterfamilie komme, war das die SPD", erzählt Gather, der als Halbwaise aufwuchs - sein Vater kam bei einem Autounfall ums Leben, als Gather drei Jahre alt war.

Gather wuchs im katholischen Milieu auf, umgeben von "großen Traditionen". In seiner Kindheit war er Messdiener, später Gruppenleiter und Leiter im Ferienzeltlager. "Da wurde bereits der Grundstein für die Wahl des Lehrerberufs gelegt", sagt er. Nebenbei machte er als Komponist, Sänger, Gitarrist und Bassist immer Musik. "Ich bin bis in den dicken Zeh Musiker, aber mein Hobby zum Beruf machen wollte ich nie. Die Musik wollte ich als meins halten."

Also studierte er nach dem Abi am St.-Bernhard-Gymnasium Deutsch und Geschichte in Köln und arbeitete zwei Jahre lang bei der Luftwaffe, erhielt sogar die Ehrenmedaille der Bundeswehr. Für ihn war es ein Glücksfall, dass er später in seiner Heimatstadt Lehrer werden konnte. Sein Hobby Musik bringt er nun doch auch in seinen Beruf ein, indem er den Schülern Kreativprojekte anbietet. "So bekommt man einen anderen Zugang zu den Kindern", sagt Gather, der jahrelang SV-Vertretungslehrer war, bevor es ihn in den Bezirkspersonalrat zog, wo er oft als Vermittler zwischen Schulleitungen und Kollegien fungierte. Aus Zeitgründen hat er dieses Amt jetzt jedoch niedergelegt.

Sein teilweise tiefer Einblick in Familien komme ihm als stellvertretender Bürgermeister zugute, und seine Arbeit als Lehrer begründe sein politisches Steckenpferd: die Bildungspolitik. Und genau in diesem Bereich sieht er die Stadt Willich durch das Zwei-Säulen-Modell, bestehend aus zwei Gesamtschulen und zwei Gymnasien, auf dem richtigen Weg.

(RP)
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