Vor dem Abriss Ein letzter Gang durchs Katharinen-Hospital in Willich

Willich · Bevor am 17. Juli mit der Entkernung des Katharinen-Hospitals begonnen wird, erhalten die Bürger am Samstag die Gelegenheit, ein letztes Mal durch das Willicher Krankenhaus zu gehen. Der gesamte Komplex samt Schwesternwohnheim steht den Besuchern offen.

Willich: Lost-Places - ein letzter Gang durchs Katharinen-Hospital
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Ein letzter Gang durch das Katharinen-Hospital

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Foto: Norbert Prümen

Es ist gespenstisch, wenn man durch die sich automatisch öffnenden Türen in das Katharinen-Hospital aus dem Jahr 1963 tritt. Die Schritte hallen dumpf in der leeren, lichtdurchfluteten Eingangshalle. Streifen auf dem Boden zeigen, wo einst die Kioskwände standen. Der Blick fällt auf die Skulpturengruppe an der Wand, die zum Willicher Krankenhaus gehörte und dort noch immer in ihrer alten Pracht zu sehen ist. Ein Stückchen weiter verkünden Schilder, dass Unbefugten das Betreten verboten ist. Was nun allerdings keine Bedeutung mehr hat, seitdem das Krankenhaus 2014 geschlossen wurde.

 Im Operationssaal hängen noch die speziellen Lampen mit ihren drei „Augen“ von der Decke.

Im Operationssaal hängen noch die speziellen Lampen mit ihren drei „Augen“ von der Decke.

Foto: Norbert Prümen

So geht es durch die große Glastür in den Operationsbereich. Im grün gekachelten OP hängen die speziellen Operationslampen mit ihren drei Augen an den langen, ausschwenkbaren Armen noch an der Decke. Die Narkosegas-Absaugung befindet sich daneben, und auch der Durchleuchtungskasten für die Röntgenbilder klebt unübersehbar an der Wand. An den Waschbecken sind die Dosierspender noch mit Desinfektionsmittel gefüllt. Etiketten wie „Zahnprothesentüten“, „Kanülen“ und „Magensonden“ zieren die Schubfächer eines grünen Schrankes. Ein gynäkologischer Stuhl parkt in der Ecke. Endoskopiegeräte stehen auf einem Wagen neben einem Fernseher und einem Videorecorder. Alles erinnert daran, dass hier einst operiert wurde.

 Gespenstisch wirken die verlassenen Krankenhausflure.

Gespenstisch wirken die verlassenen Krankenhausflure.

Foto: Norbert Prümen

Es ist ein merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass narkotisierte Menschen unter eben diesen Lampen lagen. Welche Ärzte seinerzeit das Sagen hatten, davon erzählen die großen Glastafeln, die früher im Eingangsbereich verkündeten, wo sich welche Abteilung befand und welcher Arzt die Leitung innehatte. Nachttische geben sich ein Stelldichein mit einer Liege, Müllbeutelhalterungen und diversen medizinischem Gerät. Die farbigen Wände in der ansonsten komplett leeren Cafeteria sind ein Zeichen für die angenehmen Momente im Krankenhaus. In der Küche steht die schwere Tür zu den Kühlräumen auf. Gigantische Abzugsanlagen und Kocheinrichtungen aus Edelstahl bestimmen das Bild. An der Wand pappt ein vergessenes Formular für die Beschwerdeerfassung.

 Gigantische Abzugsanlagen und Kocheinrichtungen aus Edelstahl bestimmen in der Küche das Bild.

Gigantische Abzugsanlagen und Kocheinrichtungen aus Edelstahl bestimmen in der Küche das Bild.

Foto: Norbert Prümen

Verloren wirken auch die Krankenzimmer mit ihren eingebauten Schränken. Helle Stellen an den Wänden zeigen, wo einst Bilder gehangen haben. Dagegen könnten die Bäder auf den Zimmern direkt wieder benutzt werden. Alles ist noch vorhanden und müsste nur ein wenig entstaubt werden. Das gilt auch für die Bücherei. Hunderte von Büchern stehen in den Regalen. Leere Karteikarten für die Ausleihe liegen stapelweise im Regal, und der Blick fällt in einen offenen Tresor, wobei man sich fragt, wofür dieser in der Bücherei benutzt wurde.

 Gleich zwei Bunkeranlagen befinden sich im Keller des ehemaligen Katharinen-Hospitals. Deren Abriss wird besonders schwierig.

Gleich zwei Bunkeranlagen befinden sich im Keller des ehemaligen Katharinen-Hospitals. Deren Abriss wird besonders schwierig.

Foto: Norbert Prümen

Station für Station geht es übers Treppenhaus hinauf. Der Blick vom Terrassenzimmer über Willich lässt den Treppenaufstieg über fünf Etagen vergessen. Aufzug fahren ist nämlich nicht mehr, die Anlage steht still. Willich und Umgebung bis hin zu den Kraftwerken in Greven­broich präsentieren sich. Aber auch der Keller ist interessant. Dass das Katharinen-Hospital gleich zwei Bunker sein Eigen nannte, ist vielen nicht bekannt. Im Keller geht es durch die schwere Metalltür unter einem Gewirr von Leitungen und Rohren in Richtung der Bunkertüren mit den speziellen Öffnungsmechanismen. Die Gänsehaut lässt sich nicht ganz unterdrücken. Gruseln ist angesagt. Ein wenig unheimlich mutet auch der lange Gang vom Schwesternwohnheim zum Krankenhaus an. Gerade einmal 2,20 Meter hoch und gute zwei Meter breit, führt er scheinbar ins Nichts.

 Gerade einmal 2,20 Meter hoch und gute zwei Meter breit ist der Gang ins Schwesternwohnheim.

Gerade einmal 2,20 Meter hoch und gute zwei Meter breit ist der Gang ins Schwesternwohnheim.

Foto: Norbert Prümen

Im ehemaligen Schwesternwohnheim gibt es noch komplett mit Bettcouch, Schränken, Tischen und Stühlen eingerichtete Zimmer. In der Teeküche stehen zwei vergessene Bierflaschen, und im Besprechungszimmer ist die Fotogalerie aller Verwaltungsdirektoren zu sehen. Büromöbel in den Verwaltungszimmern sehen so aus, als ob jede Sekunde der einstige Benutzer durch die Tür kommen und weiterarbeiten könnte. Schmunzeln löst das Schild der Pflegedienstleitung aus: „Frau Frankenstein“ ist dort zu lesen. Dass die einstige Mitarbeiterin Katzen gemocht haben muss, zeigen die beiden Dekokatzen, die verloren auf der Ablage des Waschbeckens im Zimmer stehen. Was es hingegen mit den beiden Kirchenbänken auf sich hat, die einige Zimmer weiter stehen, ist genauso unbekannt wie die Herkunft des uralten Projektors.

 Die Krankenhauskapelle wurde in den vergangenen Jahren auch als Begegnungszentrum genutzt.

Die Krankenhauskapelle wurde in den vergangenen Jahren auch als Begegnungszentrum genutzt.

Foto: Norbert Prümen
 Von der obersten Etage des Schwesternwohnheims aus bietet sich ein toller Blick auf das alte Krankenhaus. Auf dem Areal sollen Geschäfte und Wohnungen entstehen.

Von der obersten Etage des Schwesternwohnheims aus bietet sich ein toller Blick auf das alte Krankenhaus. Auf dem Areal sollen Geschäfte und Wohnungen entstehen.

Foto: Norbert Prümen

Auch noch kurz vor seinem Abriss erzählt das ehemalige Krankenhaus Geschichte pur. Ein Stück Willich, das man nicht versäumen sollte noch einmal zu sehen, bevor an dieser Stelle die Wohnanlage Katharinen-Höfe entstehen wird.

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