Mensch & Stadt Auf der Überholspur in die Selbstständigkeit

Anrath · Prüfungsbester, einer der jüngsten Meister im Kfz-Bereich, mit 24 Jahren selbstständig, kurz darauf den ersten Lehrling eingestellt und in der Innung aktiv: Julian Kain hat als Kraftfahrzeugtechnikermeister schon vieles umgesetzt.

 Schon in seiner Kindheit schraubte Julian Kain an Autos und Fahrrädern, nun hat er seine eigene Autowerkstatt.

Schon in seiner Kindheit schraubte Julian Kain an Autos und Fahrrädern, nun hat er seine eigene Autowerkstatt.

Foto: Norbert Prümen

Wenn Julian Kain von seiner Arbeit spricht, dann ist dem 25-jährigen Anrather die Begeisterung anzusehen. „Ich bin mit Leib und Seele Kraftfahrzeugtechnikermeister. Es ist einfach mein Beruf“, sagt er mit leuchtenden Augen. Zusammen mit seinen drei Brüdern ist er quasi mit der Werkstatt aufgewachsen, denn auch der Vater ist Kfz-Meister und zudem Kraftfahrzeugsachverständiger. Seine Brüder zog es in den Metallbau, die Landwirtschaft und den IT-Bereich. Julian, der jüngste der Brüder, stieg indes in die Fußstapfen seines Vaters.

Julian Kain war während seiner Schulzeit an der Robert-Schuman-Gesamtschule in Willich aber nicht nur in der Kfz-Werkstatt, sondern auch im Fahrradbereich anzutreffen. Im Vorster Fachgeschäft „Better Bikes“ schraubte der Jugendliche in seiner Freizeit und in den Ferien unter fachlicher Anleitung an Fahrrädern. „Wenn man schraubt, dann schraubt man und lernt Technik kennen. Egal, ob am Auto oder am Fahrrad“, erinnert sich Julian Kain mit einem Lächeln.

Der Berufswunsch war eigentlich immer klar, wenngleich mit 14 Jahren einmal kurz das Thema Tiermedizin anstand, denn Hunde und Pferde begleiten die gesamte Familie ebenfalls. Die Liebe zur Technik war allerdings größer. Nach dem Fachabitur startete Julian Kain die Lehre in der Werkstatt seines Vaters in Krefeld, wobei ihn sein Vater von der ersten Sekunde an richtig gefordert habe, fügt der Anrather an. Die dreieinhalbjährige Kfz-Lehre wurde um ein halbes Jahr verkürzt, mit dem Ergebnis, dass er 2015 als Jahrgangsbester abschloss. In der väterlichen Werkstatt folgte ein halbes Jahr als Geselle, dann ging es nach Arnsberg im Sauerland an die Meisterschule in Vollzeit. Zehn Monate später, gerade einmal 22 Jahre alt, nannte Julian Kain den Meistertitel sein eigen. Er war dabei einer der jüngsten und besten Meister seines Jahrgangs.

„Ich habe mich schon immer für das Thema Kfz interessiert und eigentlich nichts anderes gemacht. Es ist mein Hobby, und da macht das Lernen einfach Spaß. Zumal ich ein gutes technisches Verständnis habe“, sagt der 25-Jährige. Mit dem Meister in der Tasche ging es zunächst in die Werkstatt seines Vaters zurück, wobei die Selbstständigkeit das große Ziel war. Ehrenamt war ein weiteres Gebiet. Julian Kain trat direkt nach der Meisterprüfung dem Prüfungsausschuss der Kraftfahrzeug-Innung Krefeld bei und ging innerhalb der Innung auch als Ausbilder in den Einsatz.

Dass seine Schüler und Prüflinge oftmals eine ganze Ecke älter waren als er selbst, störte den jungen Meister nicht. „Mein Wissensvorsprung macht mich in dem Moment einfach älter. Für mich ist es nicht komisch, ältere Schüler zu haben. Wichtig ist es, andere für den Kfz-Beruf zu begeistern und Wissen zu vermitteln. Das ist die Zukunft“, sagt der Kfz-Meister.

Schon während dieser Zeit schaute sich Julian Kain nach passenden Objekten um, um seine Selbstständigkeit umsetzen zu können. Wichtig war ihm dabei als Anrather auch, in seinem Heimatort zu arbeiten. Untätig war er in dieser Zeit nicht. Neben seiner Arbeit in der Werkstatt seines Vaters folgten jede Menge weiterer Fortbildungslehrgänge. So ist Julian Kain inzwischen auch Elektrofachkraft für Elektrofahrzeuge. Durch einen Zufall erfuhr er, dass in dem kleinen Anrather Gewerbegebiet an der Lerchenfeldstraße eine passende Gewerbeeinheit frei wurde, in der einst schon einmal eine Autowerkstatt war. Julian Kain nahm Kontakt auf und machte sich daran, einen Businessplan zu schreiben und die Behördengänge anzugehen. „Das hat sich über einige Monate gezogen“, erzählt er. Eine Zeit des Bangens und Hoffens, ob alles klappen würde. Gerade einmal 24 Jahre alt, stand er dann am 1. Februar 2019 – der offizielle Eröffnungstag – in seiner eigenen, rund 1000 Quadratmeter großen Werkstatt mit Werkstattbereichen von Gruben über Hebebühnen bis hin zur Lkw-Hebebühne, Prüfhalle mit allen Ausrüstungen für die Hauptuntersuchungen und Büroflächen.

Sein Fachwissen und die sorgfältig ausgeführten Arbeiten sprachen sich schnell herum. Sein großes Interesse an Diagnose und komplexer Technik sowie der richtigen Nase bei der Fehlersuche ziehen die Kunden an. Dazu kommt sein spezielles Angebot der Wohnmobilumbauten, das Kunden aus ganz Deutschland anreisen lässt.

Schon wenige Monate nach Start stellte er im Spätsommer seinen ersten Lehrling ein. „Ich denke, als junger Chef kann man auch gut mit jungen Menschen umgehen. Man weiß, wie sie ticken“, sagt Julian Kain. Ihm selbst ist es wichtig, immer auf dem neuesten Stand zu sein, sich entsprechend fortzubilden und immer über den Tellerrand zu schauen. „Man muss seinen Beruf leben, wenn man gut sein will. Gerade im Kfz-Bereich schreitet die Technik so schnell voran, da muss man immer am Ball bleiben“, sagt der Anrather, der derzeit auf der Suche nach einem Gesellen ist.

Für ihn selbst fängt der Tag in seiner Werkstatt morgens um 6 Uhr an. Es schließt sich ein Arbeitstag bis in den Abend hinein an. Selbst danach lässt ihn sein Beruf nicht los. Auf seinem Nachttisch stapelt sich nämlich die Fachliteratur.

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