Stadt Willich Integrationsrat: "Kein Bedarf in Willich"

Stadt Willich · Mehr als eine Million Menschen waren gestern in NRW aufgerufen, die neuen Integrationsräte zu wählen. Diese Gremien haben vor einigen Jahren die Ausländerbeiräte abgelöst. Alle Ausländer ab 16 Jahren, die seit einem Jahr in Deutschland leben, waren wahlberechtigt. Sie sollen auf diesem Weg die Möglichkeit erhalten, die Politik aktiv mitzugestalten.

In der Stadt Willich ging gestern niemand an die Wahlurnen. Es gibt keinen Integrationsrat. Von 1989 bis 1994 hatte es einen Ausländerbeirat gegeben. Der ist dann aber mangels Interesse aufgelöst worden. Seitdem gab es keinen neuen Anlauf, einen Integrationsrat zu gründen. Für die Stadt Willich gilt: Mindestens 200 Wahlberechtigte müssten einen Antrag stellen, dass ein Integrationsrat eingerichtet wird. In Städten mit mehr als 5000 Ausländer ist das Pflicht. In Willich leben nach Angaben der Stadtverwaltung derzeit 3095 Menschen ohne deutschen Pass. Sie kommen aus 113 Nationen. Mit rund 1000 Bürgern bilden die Türken dabei die mit Abstand größte Gruppe.

Geringe Wahlbeteiligung

"Für einen Integrationsrat in Willich gibt es keinen Bedarf", sagt Kerim Isik. Er ist Vorsitzender der 2005 gegründeten Deutsch-Türkischen Union (DTU). 25 türkischstämmige Mitglieder hat die Untergruppe der CDU derzeit. "Wir leisten mehr als ein Integrationsrat. Wir reden nicht, wir machen", so Isik. Er war Mitglied des Ausländerbeirats und hat die Auflösung miterlebt.

Die Wahlbeteiligung bei den Integrationsratswahlen bestätigen seine Ansicht, dass nur wenig Interesse an diesem Gremium besteht. In Düsseldorf stimmten 2004 rund sechs Prozent, in Mönchengladbach zehn Prozent. Diesmal könnten es noch weniger sein, da Eingebürgerte, die länger als fünf Jahre in Deutschland leben, nicht mehr wählen dürfen.

Die Kritik eines Schotten

Thomas Ian Pearce ist ungeachtet dessen der Ansicht, dass die Stadt Willich dringend einen Integrationsrat brauche – "nicht nur für die ausländischen Mitbürger, sondern für alle Parteien in Willich, die immer noch alle Briten Engländer nennen und Frauen, die Kopftuch tragen, als Türken bezeichnen". Pearce, 44 Jahre alt, ist gebürtiger Schotte, war als Soldat der britischen Streitkräfte in Willich stationiert und ist heute als Unternehmensberater tätig. Die Deutsch-Türkische Union betrachtet er kritisch: "Die CDU ist sogar nicht bereit, die Ausländer in ihre Partei zu integrieren und hat dafür eine separate Gruppe gebildet." Auch Pearce sei damals Mitglied des Ausländerbeirats gewesen, ehe er das "als EU-Bürger nicht mehr sein durfte". Jetzt werde von Seiten der Stadt schon wieder eine Integrationschance verpasst. Frage des Tages

(RP)
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