Ferien-Abc: L wie Laterne „Lateere-Pit“ erinnert an alte Zeiten

Willich · Ende des 18. Jahrhunderts entstand ein neuer Beruf: der Laternenanzünder. In Alt-Willich erinnert daran die Skulptur des „Lateere-Pit“, die an der Kreuzung Bahn- und Burgstraße steht.

 An die Zeiten, in denen der Laternenanzünder allabendlich für Licht auf den dunklen Straßen sorgte, erinnert „Lateere-Pit“.

An die Zeiten, in denen der Laternenanzünder allabendlich für Licht auf den dunklen Straßen sorgte, erinnert „Lateere-Pit“.

Foto: Stadtarchiv Willich

Für die heutige Zeit unvorstellbar: Es ist später Abend, und draußen ist es stockfinster. An den Scheiben der Wohnstuben lässt sich nur erahnen, dass drinnen ein Kerzenlicht flackern muss. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es die ersten rußenden Öl- und Petroleumlampen daheim und an den Straßen; für die Sicherheit der Bewohner waren sogenannte Nachtwächter verantwortlich. Und es entstand ein neuer Beruf: der Laternenanzünder. In Alt-Willich erinnert daran die Skulptur des „Lateere-Pit“, die an der Kreuzung Bahn- und Burgstraße steht.

Schritt für Schritt wurde es heller, natürlich auch drinnen in den Stuben – zum Leidwesen des „lichtscheuen Gesindels“, das sich bei seinen Missetaten im Dunkeln sicherer fühlte. Nach vielen Experimenten und Verbesserungen, daran erinnern Manfred Gumbinger und Dieter Maul (ehemals leitend bei den Gas- und Stadtwerken Willich beschäftigt) in ihrem Buch „100 Jahre voller Energie“, war das Jahr 1802 bahnbrechend für die gezielte Gasverwendung. Zunächst war es das Leuchtgas, das man durch die Entgasung von Holz- oder Steinkohle gewann. Vorreiter war England. Die Kohlenstoffpartikel der Flamme sorgten dafür, dass früher die Dorfbewohner schier „aus dem Häuschen“ waren vor Begeisterung. „Hell wie die Sonne“ oder „blendend weiß“ wurde euphorisch diese Neuheit beschrieben, die dann ständig weiterentwickelt wurde. Im Viersener Ortskern wurde bereits um 1828 eine Straßenbeleuchtung eingeführt: mit 18 Laternen, die mit Öl-Dochtlampen und Rapsöl versehen waren.

Wie kam das Gas nun nach Willich? Im Dezember 1865 hatten Dorfbewohner den Antrag gestellt, mit den damals üblichen Öl- beziehungsweise Petroleumlampen eine Straßenbeleuchtung zu installieren. Damals hatte Willich rund 4000 Einwohner. Der Gemeinderat lehnte den Antrag ab, im November 1867 zum zweiten Mal. Die genauen Gründe sind nicht überliefert. Gründe könnten, so die beiden Autoren, die hohen Kosten oder gefährliche Ausdünstungen des Gases gewesen sein. Vielleicht spielte aber auch ein theologischer Grund eine Rolle: Das künstliche Licht wurde womöglich als Eingriff in die Ordnung Gottes gewertet.

Endlich entschied sich der Willicher Gemeinderat im Juni 1868 mit knapper Mehrheit dafür, 19 Petroleumlampen zu kaufen. Fast 30 Jahre lang standen die Petroleumfunzeln an den Willicher Straßen. Die ersten Gaswerke waren entstanden, so auch in Krefeld und Neuss. Im Juni 1896 sprach sich der Willicher Gemeinderat für den Bau einer „Gemeinde-Gasanstalt“ aus, eine Gas-Commission bereitete die Gründung vor. Die Gemeindegasanstalt nahm am 2. Oktober 1897 ihre Produktion auf.

Damals hieß der Laternenanzünder Köntges. 1898 waren 154 Gebäude, 924 Leuchtflammen, 60 Kochherde, zehn Heizöfen und ein Motor an die Gasanstalt angeschlossen. Ein Jahr später standen an den Alt-Willicher Straßen 55 Gaslaternen. Aus der Gasanstalt wurden dann mit der kommunalen Neugliederung am 1. Januar 1970 die Stadtwerke Willich.

Heutzutage stehen rund 7500 Straßenlaternen in allen vier Willicher Stadtteilen. 3200 sind mittlerweile auf LED-Technik umgerüstet, weitere folgen etappenweise. Der Rest der 4300 Laternen ist noch mit herkömmlichen Leuchtmitteln bestückt – mit Natriumdampflampen beziehungsweise mit Halogenmetalldampflampen. Es gibt nur noch eine einzige alte Gaslaterne: diese beleuchtet den „Lateere-Pit“.

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