Stadt Willich Im Namen der Rose: Fühlen statt Sehen

Stadt Willich · In der temporären Galerie Schloss Neersen bestreitet Rhea Standke die zweite Ausstellung in der Reihe "artificial nature". Ihre Kompositionen sind inspiriert von Blütenblättern, aber keine Blumenbilder.

 Rhea Standke, 1972 in Dresden geboren, studierte in Freiburg, Wien und Düsseldorf. Mit ihrer Malerei schafft sie einen Gegenpol zu Hektik und Trivialität des Alltags. Die Ausstellung in Schloss Neersen ist bis zum 9. April zu sehen.

Rhea Standke, 1972 in Dresden geboren, studierte in Freiburg, Wien und Düsseldorf. Mit ihrer Malerei schafft sie einen Gegenpol zu Hektik und Trivialität des Alltags. Die Ausstellung in Schloss Neersen ist bis zum 9. April zu sehen.

Foto: W. KAISER

Geradezu frühlingshaft mutet die Farbgebung in Rhea Standkes Malerei an. Doch Kunsthistoriker Dr. Heribert Brinkmann warnte in der Einführung zum Werk die Besucher in der Galerie Schloss Neersen, sich nicht täuschen zu lassen. Denn Rhea Standke malt keine Blumen, und doch sind Blüten ihr Ausgangspunkt. Allerdings habe sie vor 20 Jahren Blumen als Model genommen, um gegen deren Verblühen anzumalen, so der Kunsthistoriker. Die 42-jährige Düsseldorfer Künstlerin beschwört in ihren aktuellen Arbeiten einen Zustand, der über den Mikrokosmos abstrahierter Blütenblätter eine Ahnung vom Universum gibt.

Die in der Natur gefundenen Impulse verwandelt Standke in bewegt anmutende Farbnebel mit Kontrasten und feinen Abstufungen. Die Erinnerung an Blütenblätter schwingt dabei mehr oder weniger stark mit und doch spricht die Kunsthistorikerin Jutta Saum im begleitenden Katalog treffend vom "abstrakten Makrokosmos" mit erotisch sinnlicher Ausstrahlung.

"Ich erschaffe mir eine Welt, die wenig mit der materillen Welt zu tun hat, von der wir umgeben sind. Es ist eine Flucht aus dem Alltag und dem normalen Leben, das nicht immer harmonisch und friedvoll ist. Es ist eine Befreiung aus Zeit und Raum, ein friedvoller Zustand, in dem ich eins bin mit mir selbst", sagt die Künstlerin über den malerischen Prozess. Dem Betrachter mag überraschen, dass ihr Bilder fast alle Alla Prima gemalt sind, also in einer Schicht mit Ölfarbe auf Leinwand. Standke arbeitet allerdings in die noch feuchte Farbe hinein, verwischt mit dem Pinsel und mischt dadurch neu. "Ich arbeite nicht nach", sagt die Künstlerin, der es wichtig ist, dass jedes Bild aus einem Guss wächst, während nebenher keine weiteren Gemälde entstehen. Nach jedem Bild legt sie daher bewusst eine Pause ein, um frische Energie für einen neuen Mal-Fluss zu gewinnen.

So entwirft Standke, wie sie selbst sagt "ein euphorisches Gebilde kosmischer Strukturen, in denen ein zunehmend schrankenloses Gegenwärtigsein eine Entblätterung bis zum Zentrum der Lichtfülle sich eine eigene paradiesische Weltordnung erobert". Dergestalt scheinen die Malereien den Betrachter mit ihrer fließend anmutenden Bewegung und Farbigkeit geheimnisvoll zu umfangen. Über die Suggestionskraft der Farben und ihrer Nuancen entstehend und verwehen Farbräume. Im Bild "Rubin Sky" überrascht die Malerin mit einer überraschend stark ausgeprägten Rose, die in ihrer Präsenz von Farbnebeln umgeben ist. Zuweilen lassen sich in den Arbeiten Tulpen und Magnolien als Inspirationsquellen erahnen. Der helle Grund eines Blütenblattes wird zur sanft schillernden Reflexionsfläche von scheinbar gespiegelten Farbnuancen. In der Ausstellung sind auch einige wenige dunkel geprägte Kompositionen zu sehen - eine Nebenlinie in Standkes Schaffen. Auch diese Bilder suggerieren Tiefe und Plastizität.

(anw)
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