Stadt Willich Idyllisches Zentrum mit viel Verkehr

Stadt Willich · Schiefbahn beweist durch gute Kommunikation zwischen den Einzelhändlern, der Stadt und den Eigentümern eine funktionierende Dorfgemeinschaft. Doch drei Einzelhandels-Experten finden noch Verbesserungsbedarf.

 Werberingvorsitzender Rainer Höppner, Andree Haack von der IHK und Stadtplaner Steffen Beyerlein unterhalten sich auf der Hochstraße über die Vorzüge und mögliche Verbesserungen der Innenstadt Schiefbahns.

Werberingvorsitzender Rainer Höppner, Andree Haack von der IHK und Stadtplaner Steffen Beyerlein unterhalten sich auf der Hochstraße über die Vorzüge und mögliche Verbesserungen der Innenstadt Schiefbahns.

Foto: Wolfgang Kaiser

Trotz des regen Verkehrs auf der Hochstraße in Schiefbahn herrscht eine recht idyllische Stimmung. Einige Radfahrer nutzen den Fahrradweg in gemäßigtem Tempo, und eine Familie hat sich plaudernd mit einem Eis auf eine Bank zwischen zwei Bäume gesetzt. Die historisch anmutenden Holzbänke auf der Hochstraße wurden von der Werbegemeinschaft ohne großen Verwaltungsaufwand aufgestellt. Dieses unkomplizierte Vorgehen ist ein Beispiel für die gute Kommunikation zwischen Stadt, Politik, Einzelhandel und Eigentümern, findet Rainer Höppner, Vorsitzender des Schiefbahner Werberings und Inhaber eines Modegeschäftes.

 Der Wochenmarkt am Hubertusplatz. Hier gibt es laut Experten Potenzial, durch einen weiteren Markttag am Wochenende mehr Kunden anzulocken.

Der Wochenmarkt am Hubertusplatz. Hier gibt es laut Experten Potenzial, durch einen weiteren Markttag am Wochenende mehr Kunden anzulocken.

Foto: Kaiser Wolfgang

Ein weiterer Beweis sei die in der Vergangenheit gesunkene Zahl der Leerstände. "Leerstände müssen vermieden werden. Es muss reagiert werden, bevor sie entstehen. Wir haben hier eine gut funktionierende, vorausschauende Stadtplanung. Nur zwei leerstehende Ladenlokale sind absolut in Ordnung", sagt der Geschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein und Einzelhandelsexperte Andree Haack. Der Leerstandsmanager der Stadt und dessen Zusammenarbeit mit den Eigentümern der Gebäude und den Einzelhändlern seien unter anderem verantwortlich für diese positive Entwicklung.

 Manuel Hesker präsentiert seine Produkte. Mit seinem Geschäft "Vinothek Hesker" fördert er den Branchenmix der Hochstraße.

Manuel Hesker präsentiert seine Produkte. Mit seinem Geschäft "Vinothek Hesker" fördert er den Branchenmix der Hochstraße.

Foto: Kaiser Wolfgang

Beim Gang über die Hochstraße mit Rainer Höppner, Andree Haack und Steffen Beyerlein, Stadtplaner der Stadt Willich, fällt der gute Branchenmix auf. Modegeschäfte, Schuhläden, Restaurants und verschiedene Dienstleister - wie zum Beispiel ein Reisebüro - hat die Einkaufstraße zu bieten. Eines der Schuhgeschäfte ziehe mit seiner Orthopädie-Schuhtechnik sogar Kunden aus Mönchengladbach an, erklärt Höppner: "Wer eine Nische gut besetzt, sorgt für Frequenz." Dazu kommt der zentral liegende Edeka-Markt zwischen Hoch- und Linsellesstraße, der zur täglichen Nahversorgung dient und Kundschaft nahe an die beschauliche Innenstadt bringt. Eine Innenstadt mit einer Besonderheit: "Wir haben hier keine Fußgängerzone, sondern eine Durchfahrtsstraße", sagt Rainer Höppner. Diese sei ideal als Frequenzbringer und mache die Einkaufsstraße wesentlich lebendiger. Auch wenn sich gelegentlich Anwohner über den dichten Verkehr vor allem morgens und gegen 16 Uhr beschweren, ist die Situation für Steffen Beyerlein eindeutig: "Das gehört nun mal dazu! Eine Fußgängerzone ist hier keine Option. Die verträgliche Abwicklung des Verkehrs ist wichtiger als dessen Verlagerung."

Rainer Höppner hat auch einige Ideen für Verbesserungen rund um die Hochstraße. "Wir haben eine gute Basis, dürfen uns aber nicht zurücklehnen", so der Werberingvorsitzende. Zum Beispiel müsse man für mehr altersgerechtes Wohnen sorgen. "Wir haben in Schiefbahn hauptsächlich Einfamilienhäuser, in denen Senioren leben, die irgendwann nicht mehr die Treppe hinaufkommen und durch die zentrumsferne Lage nicht mehr am Geschehen teilnehmen können. Da müssen Politik und Verwaltung etwas tun", fordert Höppner. Seniorengerechte Wohnungen in Zentrumsnähe sind für ihn eine Möglichkeit.

"Ein wichtiger Faktor ist aber auch, für die junge Bevölkerung die Ortschaft reizvoller zu gestalten. Auch wenn ein Kino oder ein H&M nicht möglich sein werden", wirft Haack ein. Stadtplaner Steffen Beyerlein und Rainer Höppner haben auch hier Ideen. Es gebe schon seit Längerem Gespräche, um die Situation im öffentlichen Personennahverkehr zu verbessern, damit Jugendliche die Möglichkeit haben, problemlos in größere Städte zu gelangen.

Um die allgemeine Aufenthaltsqualität zu steigern, schwebt dem Werberingvorsitzenden eine Erweiterung des Wochenmarktes vor. Dabei sollen neben dem Markt am Mittwoch auch Verkaufsstände mit "kulinarischen Highlights" am Samstag auf dem Hubertusplatz aufgestellt werden. Somit hätten auch Arbeitnehmer die Möglichkeit, bei lokalen Händlern einzukaufen. Zudem könne man darüber nachdenken, den Straßenzug "Hubertusplatz" dauerhaft für den Verkehr zu sperren, um dort mehr Außengastronomie zu ermöglichen. Laut Stadtplaner Steffen Beyerlein wäre das kein Problem, da diese Straße keine für den Verkehr wichtige Funktion hat. Auch zu künftigen städtebaulichen Maßnahmen hat er eine klare Meinung: "Uns ist es sehr wichtig, den Charakter des Ortes zu bewahren. Dabei sollten prägende Gebäude erhalten bleiben und nicht durch Allerweltsbauten an jeder Ecke ersetzt werden."

Trotz der für die Experten zufriedenstellenden Situation auf der Hochstraße und die regelmäßig stattfindenden Feste gibt es weitere Herausforderungen. Der Einfluss des Internets auf das Einkaufsverhalten werde immer größer, so Höppner. Für viele sei es oft bequemer, von zu Hause aus zu bestellen. Dies bringt laut der Experten eine Veränderung des Einzelhandels mit sich. IHK-Geschäftsführer Haack hat jedoch Tipps, wie sich der Einzelhandel gegen das Internet aufstellen kann: "Hier zählt gerade in solch einer Dorfgemeinschaft die persönliche Nähe zur Kundschaft. Das hat ein Internet-Shop nicht zu bieten." Laut Höppner sei ein gut funktionierendes Beispiel für diese persönliche Nähe das ansässige Reisebüro. "Hier haben die Leute erkannt, dass sie ihre Freizeit sinnvoll nutzen möchten, und legen wieder mehr Wert auf Beratung, statt im Internet zu buchen." Aber man könne das Internet auch selber als Plattform nutzen.

(RP)
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