Willich "Ich bin Gestalter, kein Verwalter"

Willich · Josef Heyes (61), dessen dritte Amtszeit als hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Willich am Mittwoch beginnt, spricht über die Herausforderungen der kommenden Monate, seine Erwartungen an die künftige Bundesregierung und Urlaub mit seiner Frau.

In der Nacht zu Mittwoch endet Ihre zweite und beginnt Ihre dritte Amtszeit offiziell. Ist das ein Grund bis Mitternacht wach zu bleiben?

Josef Heyes Es könnte passieren, dass ich so lange noch im Büro bin. Dienstags sind die Sitzungen des Verwaltungsvorstandes. Da diese immer recht lange dauern, bleibt vieles liegen. Wenn ich nicht im Büro bin, werde ich mir aber nicht extra den Wecker stellen.

Eine Woche später ist die erste Sitzung des neuen Rates. Wie ist der Stand der Vorbereitungen?

Heyes Wir werden mehr als 30 Tagesordnungspunkte für die konstituierende Ratssitzung haben. Es gibt viele Gremien zu besetzen. Hier sind mit der CDU dabei, mit den anderen Parteien zu verhandeln. Das machen die Parteivorsitzenden, aber auch führende Ratsmitglieder. Ich bin sehr froh, dass es das höchste Ziel aller Parteien ist, dass wir Konstellationen schaffen, die der Stadt dienlich sind.

Die CDU hat die absolute Mehrheit bei der Kommunalwahl ausgebaut. Das erleichtert Ihnen die Arbeit.

Heyes Das macht es für mich viel leichter, um Dinge abzustimmen oder reagieren zu können. Das geschieht aber immer unter gleichzeitiger Einbeziehung der anderen Parteien und Fraktionen. Zumal der Stimmenzuwachs für die CDU nicht unbedingt dafür sorgt, dass die Union auch verstärkt in den Ausschüssen und Gremien vertreten ist.

Der Kämmerer hat eine Haushaltssperre verhängt. Ist die Bewältigung der Finanzsituation Ihre vorrangigste Aufgabe?

Heyes Den Haushalt zu konsolidieren, wird mit der Schwerpunkt meiner Arbeit sein. Nicht nur zum Ende des Jahres, sondern auch im kommenden und den nächsten Jahren. Wir haben unseren Haushalt geordnet, deshalb wollen wir keine Netto-Neuverschuldung. Wir wollen weiter Schulden abbauen. Und wir wollen auch keine Gebühren erhöhen, nicht die Grundsteuer und vor allem nicht die Gewerbesteuer. Die Gebühren und Steuersätze sind im Vergleich mit anderen Städten unsere Magnete bei der Werbung für unsere Gewerbegebiete.

Angesichts der Haushaltssperre muss die Stadt sparen. In welchen Bereichen ist das vorstellbar?

Heyes Das ist eine schwierige Aufgabe. Uns werden in den Haushalten der Jahre 2009 bis 2012 rund zwanzig Millionen Euro fehlen. Wenn wir frühzeitig reagieren und diese zwanzig Millionen Euro, die im Wirtschaftsplänen veranschlagt sind, nicht ausgeben, bekommen wir den Haushalt über die Jahre hinweg bis 2013 wieder in den Gleichklang. Es wird dafür Einschnitte zunächst in den freiwilligen Leistungen geben. Klar ist: Wenn wir keine einschneidenden Maßnahmen durchführen, dann kommen wir ins Haushaltssicherungskonzept. Und dann würde die Kommunalaufsicht sagen, was wir dürfen und was nicht. Dann könnten wir nicht mehr gestalten, sondern würden verwaltet.

Im Energiebericht der Stadt taucht das Schloss Neersen als Energie-Monster auf. Wie soll das behoben werden?

Heyes Wir haben erkannt, wo wir sehr hohe Energieverbräuche haben. Und wenn wir sparen müssen, zählt auch die Einsparung von Energie dazu. Das heißt nicht, dass wir die Heizung ein paar Grad runter drehen und einen wärmeren Pullover anziehen müssen. Wir arbeiten an intelligenten Steuerungslösungen. Und das schon in diesem Winter. Diese Oktobertage zeigen ja schon, dass das notwendig sein wird.

Sind Sie ein Typ, der solche Herausforderungen mag?

Heyes Ich denke, dafür bin ich gewählt worden. Ich bin ein Gestalter, kein Verwalter. Das ist meine Maxime. Und da sind die Finanzen, die Energieeinsparung, die Förderung des Öffentlichen Personennahverkehrs aber auch die Gewerbeansiedlungen Herausforderungen, die ich mit als meine Aufgabe ansehe.

Ihr Steckenpferd ist das Gewerbegebiet Münchheide. Gibt es ein Unternehmen, das Sie unbedingt noch nach Willich holen möchten?

Heyes Man darf und sollte die Kleinen nicht unterschätzen. Die Stärke unserer Wirtschaft ist der Mittelstand. Und wenn man unsere rund 200 Hektar Gewerbeflächen betrachtet, in denen 670 Unternehmen angesiedelt sind, dann kann man da nur von mittelständischen Unternehmen sprechen. Ich spreche viel mit anderen Bürgermeistern. Wenn die erzählen, bei uns ist diese oder jene internationale Firma — zum Teil börsennotiert —, dann sagen sie oft aber auch, dass von denen nicht ein Cent Gewerbesteuer an die Stadt geht. Das ist das große Risiko. Man darf sich von Namen nicht blenden lassen. Wir werden in Willich weiterhin auf einen gesunden Branchenmix setzen.

In Berlin laufen derzeit die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP. Was erhofft sich der Bürgermeister einer recht großen kreisangehörigen Stadt von der neuen Bundesregierung?

Heyes Ich hoffe zunächst einmal, dass bald Klarheit herrscht, was die Arge betrifft. Der Vertrag läuft Ende 2010 aus. Bis dahin muss entschieden werden, wie es weitergeht. Mit unserem Abgeordneten Uwe Schummer habe ich zudem gesprochen, wie es mit dem Erneuerbaren Energie Gesetz (EEG) aussieht. Wir haben jetzt die Bürger Solar Genossenschaft (Auf städtischen Gebäuden entstehen Photovoltaik-Anlagen, die Bürger können Anteile kaufen, Anmerkung der Redaktion). Und es gibt derzeit einige Unternehmen, die Interesse haben, Investitionen im Bereich der regenerativen Energien in Willich vorzunehmen. Die halten sich aber zurück bis Klarheit herrscht, wie es mit der Einspeisevergütung für regenerative Energien weitergeht. Hier wünsche ich der neuen Bundesregierung eine glückliche Hand, diese Zukunftsinvestitionen nicht durch eine zu starke Kürzung zu verhindern. Uwe Schummer hat mir bestätigt, dass die Verhandlungen dahin gehen, dass nur die Laufzeiten sicherer Kernkraftwerke verlängert werden sollen. Die Erlöse daraus sollen in die regenerativen Energien fließen. Außerdem erwarte ich, dass der Bund bezüglich der Steuerumlagen jetzt auch einmal auf die Kommunen schaut. Betreuung für unter Dreijährige und Ganztagsangebote hören sich gut an. Aber das muss auch finanziert werden. Man sieht insbesondere bei den großen Städten, dass die damit nicht zurecht kommen. Die Stadt Willich steht zum Glück noch gut da.

Heyes (lacht) Meine Frau hatte uns gewünscht, dass es nach der Kommunalwahl am 30. August besser wird. Ein paar Tage Urlaub haben wir tatsächlich machen können. Jetzt sind zwar Herbstferien, aber die Termindichte ist geblieben. Einige Tage Urlaub habe ich meiner Frau aber schon versprochen.

Sie haben die Direktwahl zum Bürgermeister mit 83,5 Prozent klar gewonnen. Wie selbstbewusst macht Sie das für die bevorstehende Ratsperiode?

Heyes Es war eine Bestätigung. Das freut einen, macht mich aber nicht übermütig. Ich sehe das Ergebnis als Auftrag der Bürger, möchte meine Arbeit fortsetzen und ein Ohr für die Bürger haben. Denn es gibt viele Dinge, die auch im Kleinen geregelt werden müssen.

Sie sind für sechs Jahre gewählt. Macht man sich schon Gedanken, was danach kommt?

Heyes Die Gemeindeordnung hat die Altersgrenze für hauptamtliche Bürgermeister aufgehoben. Zum jetzigen Zeitpunkt will ich mir noch keine Gedanken über einen Ruhestand machen. Ich kann jetzt noch nicht sagen, ob ich 2015 weitermache. Ich hoffe, dass der Herrgott mir Gesundheit schenkt, für die nächsten sechs Jahre und darüber hinaus. Ich werde mich dann zum passenden Zeitpunkt mit den Parteien beraten. Ich mache meine Arbeit gerne und möchte auch mit dem Engagement weitermachen und sehen wie die Situation 2015 dann ist.

Sie sind fast immer mit dem Fahrrad unterwegs. Wird das Rad die nächsten sechs Jahre noch mitmachen?

Heyes Das Fahrrad ist erst gut ein Jahr alt, ist aber schon mehr als 7000 Kilometer gelaufen. Ich brauchte also schon ein neues Profil. Das sollte ein Politiker aber ohnehin haben.

Andreas Cüppers führte das Gespräch.

(RP)
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