Stadt Willich "Ich bin endlich angekommen"

Stadt Willich · Am Sonntag wird Presbyterin Regina Löwenstein-Hausmann in der Friedenskirche zur ehrenamtlichen Prädikantin ordiniert. Künftig wird sie im Oedter Altenzentrum regelmäßig Gottesdienste feiern.

Der Gottesdienst am Sonntag (16. August) um 11 Uhr in der Friedenskirche in Neersen wird etwas ganz Besonderes für Regina Löwenstein-Hausmann sein. Sie wird in der Evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde als Prädikantin, also als Predigerin, ordiniert. Die 53-Jährige gehört zwar zur Emmaus-Kirchengemeinde, lebt aber mit ihrem Mann (und früher auch den Kindern) in Anrath. Ehrenamtlich engagiert sie sich im Presbyterium. Es begann mit einem Lehramtsstudium Englisch und katholische Religion in Gießen. Katholische Religion? "Ich war engagiert in der katholischen Kirche, wurde auch katholisch getraut", erzählt Regina Löwenstein-Hausmann. Doch dann kam für sie der Punkt, wo "katholisch sein" für sie dann gar nicht mehr ging. Kardinal Ratzinger hatte vor gut 15 Jahren erklärt, die Evangelische Kirche sei keine Kirche. Das war für die damalige Katholikin der Punkt, sich anders zu orientieren. Ganz fremd war Hausmann die evangelische Kirche schon damals ja nicht, schließlich war sie seit ihrer Kindheit von "beiden Seiten beeinflusst worden". Ihr Vater ist evangelisch, ihre Mutter war katholisch.

So wurde sie 1999 evangelisch und fast gleichzeitig ins Presbyterium der Evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde kooptiert. "So wirklich wusste ich damals gar nicht, was evangelisch genau bedeutet", räumt Hausmann ein. "Ich stellte mir so etwas wie ,katholisch light' vor." Einen Tipp bekam sie dann von anderen Gemeindemitgliedern: "Mach doch eine Diakonenausbildung, dann lernst du, was evangelisch ist." Geraten, getan: 2007 schloss Hausmann ihre Ausbildung zur Diakonin in Neukirchen-Vluyn ab. Zweifel - hat sie die jemals am Glauben gehabt? Ja. Denn während des Lehramtsstudiums starb ihre Mutter noch sehr jung an Krebs. Das war Grund genug, für die Studentin damals an Gott zu zweifeln. Sie brach ihr Studium ab und machte eine Ausbildung zur Kinderkrankenschwester. Von Kirche wollte sie zunächst nichts mehr wissen. Erst durch die Zeitschrift "family", die sie im Wartezimmer beim Kinderarzt las, merkte sie, es gibt noch eine andere Art des Christentums - nämlich so, wie es da dargestellt wird: lebendig, charismatisch, mitreißend. Mit der abgeschlossenen Schwestern- Ausbildung wiederum konnte Hausmann überhaupt Diakonin werden. Denn diese Ausbildung setzt einen Abschluss im sozialen Bereich voraus.

Ein paar Jahre später, 2012, wurde Hausmann gefragt, ob sie nicht im Evangelischen Altenzentrum Oedt tätig sein wollte. Doch das führte zum nächsten Schritt im Leben von Hausmann. Denn: Wer dort Gottesdienste mit Abendmahl halten will, der muss eine Prädikantenausbildung abgeschlossen haben. Die hat Hausmann inzwischen erfolgreich absolviert. Und nun wird sie am Sonntag durch den Superintendenten des Kirchenkreises Krefeld-Viersen, Pfarrer Burkhard Kamphausen, ordiniert. Und im Anschluss? "Ich darf jede Woche Gottesdienst halten", meint Hausmann. Etwa 75 Prozent der Bewohner sind demenziell verändert. 168 Seniorinnen und Senioren wohnen im Oedter Altenzentrum der Rheinischen Gesellschaft für Innere Mission und Hilfswerk GmbH. Mit den Senioren betet sie häufig Psalm 23 oder singt "Großer Gott, wir loben dich". Und manchmal gehen die Lippen der demenzkranken Menschen mit. "Ich merke, etwas Tiefverschüttetes kommt wieder an die Oberfläche." Aber gerade diese Menschen zu erreichen sei ein Geschenk - auch für sie selbst. So hat eben dieser Lebensweg, der ein wenig kurvig verlief und doch einem roten Faden folgte, ein vorläufiges Ziel gefunden: "Ich bin angekommen", meint Regina Löwenstein-Hausmann.

(RP)
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