Anrath Regenwasser darf nicht mehr versickern

Anrath · Unmut über die Stadt Willich herrscht derzeit bei etlichen Anwohnern der Hausbroicher Straße. Die geplante Kanalsanierung nötigt sie, an den Regenwasserkanal anzuschließen, wobei einst eine Versickerung vorgeschrieben war.

 Das Regenwasser von Bodo Müller-Hoyer wird bisher in einen Sickerschacht im hinteren Bereich des Grundstücks geleitet.    Foto: Wolfgang Kaiser

Das Regenwasser von Bodo Müller-Hoyer wird bisher in einen Sickerschacht im hinteren Bereich des Grundstücks geleitet. Foto: Wolfgang Kaiser

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Als Bodo Müller-Hoyer Anfang der 1980er-Jahre an der Hausbroicher Straße baute, konnte er nicht ahnen, dass das, was einmal ein Muss war, um die Baugenehmigung zu erhalten, rund 40 Jahre später für ihn eine teure Angelegenheit werden sollte. „Als wir damals hier bauten, erhielten wir die Information, dass wir unser Regenwasser versickern lassen müssten. Um die Baugenehmigung zu erhalten, mussten wir in unserem Garten einen Sickerschacht anlegen“, berichtet Müller-Hoyer. Das Haus samt Garage wurde an der Hausbroicher Straße gebaut und der zwingend erforderliche Sickerschacht in den Garten gelegt. Etwas, das nicht nur auf das Eigenheim von Müller-Hoyer zutraf, sondern ebenfalls für die Nachbarn galt, die dort schon gebaut hatten oder bauen wollten.

Jahrzehntelang versickerte das Wasser bei Müller-Hoyer und seinen Nachbarn problemlos im Garten. Doch damit ist jetzt Schluss. Die Anwohner der Hausbroicher Straße werden gezwungen, ihr Regenwasser von den Häusern und Garagen in den geplanten neuen Regenwasserkanal einzuleiten. Dieser wird im Zuge der Kanalsanierung an der Hausbroicher Straße gebaut und berücksichtigt auch eine spätere weitere Bebauung des Gebietes. Der bestehende Regenwasserkanal mit einem Durchmesser von 30 Zentimetern, der seinerzeit nur für die Straßenentwässerung vorgesehen war, wie der Technische Beigeordnete Gregor Nachtwey mitteilt, wird durch einen Kanal von einer Größenordnung von 60 Zentimeter bis zu 1,20 Meter Durchmesser ersetzt. Der muss sich amortisieren – und das geht nicht, wenn nicht eingeleitet wird.

„Ein Kanalnetz muss am Ende wirtschaftlich betrieben werden. Ist es zu groß und es stehen nur Pfützen darin, verursacht das Spülen unnötige Kosten“, sagt Nachtwey. Zudem beruft sich der Technische Beigeordnete auf die Entwässerungssatzung der Stadt Willich von 1973. In der heißt es laut Nachtwey nämlich: „Die Auflage zur Versickerung auf dem eigenen Grundstück ist eine provisorische Lösung bis zur Herstellung eines geeigneten Vorfluters im städtischen Netz“. Die damalige Auflage für die Baugenehmigung sei damit auf Widerruf erteilt worden. Mit dem Bau des neuen Vorfluters, sprich Kanal, entfalle sie, so Nachtwey.

Im Umkehrschluss heißt dies: Alle Anwohner müssen ihren Regenwasserkanal anschließen und stehen somit neben der ökologischen Betrachtungsweise vor einem großen finanziellen Problem. Die Kosten für die Anschlüsse bewegen sich um die 30.000 Euro, da die Rohre unter den Garagen oder Häusern zur Straßenseite durchgeführt werden müssen. Die nahtlose Bebauung, bei der Haus neben Haus beziehungsweise Garage steht, lässt keine andere Möglichkeit zu.

Müller-Hoyer moniert, dass er seinerzeit beim Bauantrag für sein Haus keine derartige Information erhalten habe. Dass der Sickerschacht ein Provisorium darstellen sollte, sei ihm neu. „Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich doch beim Neubau entsprechende Maßnahmen getroffen, um später einmal ohne großen Aufwand an einen Regenwasserkanal gehen zu können“, sagt er.

Der Anrather versteht indes genauso wenig wie seine Nachbarn den Sinn des Regenwasserkanalanschlusses. „Es ist doch viel sinniger vor Ort, dort, wo das Wasser auch ansonsten in den Boden gehen würde, zu versickern, als es zu sammeln und mittels aufwendiger Maßnahmen an einer Stelle zu sammeln und dann in Mengen zu versickern“, sagt Müller-Hoyer.

Der Anrather fragt sich auch, wie es nun mit Regentonnen aussieht. Kann der Garten noch mit gesammelten Regenwasser bewässert werden? „Das ist kein Problem, wenn der Überlauf solcher Tonnen zukünftig in den Regenwasserkanal führt“, sagt Andreas Hans, Geschäftsbereichsleiter Landschaft und Straßen. Nur wer nachweisen kann, dass er das gesamte Regenwasser seines Hauses nutzt, muss nicht an den Regenwasserkanal anschließen. „Aber das könne wohl niemand“, bemerkt Hans.

Hans bezeichnet es als Pech für die Anwohner, dass sie sich nicht entsprechend mit den gesetzlichen Vorlagen beschäftigt hätten und auch bei einem Kauf eines Hauses nicht danach gefragt hätten. Die Rechtslage war in seinen Augen immer klar, und allen hätten entsprechende Bescheide über die wasserrechtliche Erlaubnis vom Kreis Viersen vorgelegen. Die Stadt Willich habe nur eine temporäre Befreiung vom Anschluss- und Benutzerzwang ans Entwässerungsnetz gegeben. Ein Kanal, der seinerzeit für die Neubauten nicht ausgereicht habe.

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