Schlossfestspiele in Neersen Güther hat seine Paraderolle gefunden

Stadt Willich · Über den roten Teppich spazierten die Besucher am Samstagabend bei den Schlossfestspielen in Neersen. Zur Premiere von "Der eingebildete Kranke" mit R.A. Güther in der Hauptrolle hatte die Festspielleitung sich einiges einfallen lassen.

 R.A. Güther (Mitte) steht im Mittelpunkt von Astrid Jacobs Inszenierung des Klassikers "Der eingebildete Kranke". Güther spielt in einem gut besetzten Ensemble mit Spielfreude, Humor und Bühnenpräsenz die Hauptrolle des Argan.

R.A. Güther (Mitte) steht im Mittelpunkt von Astrid Jacobs Inszenierung des Klassikers "Der eingebildete Kranke". Güther spielt in einem gut besetzten Ensemble mit Spielfreude, Humor und Bühnenpräsenz die Hauptrolle des Argan.

Foto: Hüskes

Wichtig und besonders durften sich die Premierenbesucher von "Der eingebildete Kranke" bei den Schlossfestspielen fühlen: Der rote Teppich war ausgerollt, ein Fotograf schoss Erinnerungsfotos, und die Mitarbeiter standen mit Sekt und Häppchen bereit. "Ohne Sie, liebe Theaterfreunde, würde es die Festspiele nicht mehr geben", begrüßte Astrid Jacob, seit sechs Jahren Intendantin in Neersen, die rund 500 Gäste. Auch Hans Kothen, Vorsitzender des Festspielvereins, dankte den Zuschauern und den Sponsoren. "Trotz aller Debatten um Kürzungen im städtischen Etat wird es uns, dank Ihrer Unterstützung, auch weiterhin geben", versprach Kothen.

Und so dürfen die Besucher der Schlossfestspiele, die in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiern, sich auch weiterhin auf die gelungene Mischung freuen, die Intendantin Jacob und das Ensemble jedes Jahr von Juni bis August vor der Kulisse des Schlosses bieten. Neben Gastspielen, Lesungen, Konzerten und der Opern- und Operettengala, dem letzten Höhepunkt zum Abschluss, sind es jedes Jahr ein Kinderstück und zwei Erwachsenenstücke, die das Ensemble einstudiert. Nachdem "Peter Pan" und "Eine Mittsommernachts-Sex-Komödie" bereits Premiere gefeiert haben, stand jetzt "Der eingebildete Kranke" auf dem Programm.

Schon im Vorfeld hatte Jacob, die die Regie übernommen hat, eine rasante Komödie, eine clowneske Schau, eine skurrile Familiengeschichte mit comic-haften Zügen angekündigt. Was Jacob nicht verraten hat: R.A. Güther, seit vielen Jahren im Ensemble verankert, hat seine Paraderolle gefunden. Mit Spielfreude, Humor, unglaublicher Bühnenpräsenz und mitreißender Darstellerkunst füllt Güther die Hauptrolle des Argan, des Patriarchen, der meint, alle möglichen Krankheiten in sich zu tragen, aus. Wie R.A. Güther über 90 Minuten diese Rolle verkörpert ist ein Schauspiel für sich.

Aber auch die anderen Rollen in dem entstaubten Molière-Stück sind gut besetzt. So glänzt Holger Stolz als Arztsohn Thomas Diafoirus. Schon mit seiner Körpersprache bringt er die Zuschauer zum Lachen. Passend dazu übernimmt Sven Post die Rolle des Vaters, Dr. Diafoirus. Wie Pat und Patachon agieren die Beiden auf der Bühne und sorgen für viel Komik. Auch Jennifer Kornprobst wird ihrer Rolle als Dienstmädchen Toinette gerecht und schafft es, innerhalb des Stücks in eine weitere Rolle zu schlüpfen.

Bühnen- und Kostümbildnerin Silke von Patay ist es wieder gelungen, eine Ausstattung zusammen zu tragen, die sich sehen lassen kann. Wenn etwa Claudia Dölker als junge Frau des Argan mit eisblauer Perücke und knappem Lackmini die Bühne betritt, weiß jeder gleich, wie kalt diese Frau ist. Ihre Gegenspielerin Verena Held hingegen, die Tochter Angelique verkörpert, trägt eine große weiße (Unschulds-) Blume im Haar.

Kurzum: Wer moderne Stücke mag, in denen es auch mal deftiger zugeht, wer Sinn für skurrile Konstellationen und überzeichnete Figuren hat, wer Seitenhiebe auf Ärzte, Apotheker und Anwälte vertragen kann, der ist richtig bei "Der eingebildete Kranke" in der Fassung von Philipp Engelmann und unter der Regie von Astrid Jacob.

(ws03)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort