Willich Gegen Resignation im Alter

Willich · Zehn Jahre lang stand er an der Spitze der Bremer Landesregierung. Henning Scherf zieht heute politisch ins Feld gegen Altersdiskriminierung, schreibt Bücher für die Belange der Senioren. Jetzt las er in St. Tönis vor.

 Hält leidenschaftliche Plädoyers dafür, noch im Alter aktiv zu sein: Henning Scherf war lange Jahre Bürgermeister in Bremen.

Hält leidenschaftliche Plädoyers dafür, noch im Alter aktiv zu sein: Henning Scherf war lange Jahre Bürgermeister in Bremen.

Foto: Bütther

St. Tönis Henning Scherf (73) hat aus dem stets gerne gepflegten Umgang mit älteren Menschen seine Lebensaufgabe gemacht. Als Buchautor mit Werken wie "Grau ist bunt" oder "Gemeinsam statt einsam" hat er sich einen guten Namen erworben. Auf Einladung von Kreis-VHS und Evangelischer Kirchengemeinde war er jetzt in der evangelischen Kirche von St. Tönis zu Gast und sprach auch über sein neuestes Buch "Wer nach vorne schaut bleibt länger jung".

Jedem die Hand gegeben

Bevor es aber dazu kam, stellte sich der zwei Meter Hüne seinem Publikum auf seine ganz eigene Weise vor: Er ging durch die Reihen, drückte jedem Besucher die Hand und wechselte ein paar persönliche Worte. Dann ging er zuerst auf die gemeinsam mit seiner Ehefrau unterstützten und initiierten Hilfsprojekte für Nicaragua "Pan y Arte" (Brot und Kunst) ein, in die alle Erlöse aus seiner Büchertour fließen.

Was er dann zum Thema Alter und Tod zu sagen hatte, war zwar nicht ganz neu, hatte aber viel Ermutigendes und Tröstliches. Henning Scherf hätte auch ein guter Pastor werden können. Seine Ansprache an Menschen ist zutiefst human und verständnisvoll. Er ist ein Mutmacher und Kämpfer gegen Resignation im Alter.

An seinem eigenen Beispiel zeigt er gerne auf, wie wichtig es ist, gerade im Alter etwas gegen Einsamkeit zu tun. Er entschloss sich mit Freunden, ein altes Haus in der Bremer Innenstadt zu kaufen, darin sieben Wohnungen einzurichten und mit anderen zusammen zwar in einer gewissen Selbständigkeit, aber doch in engem Gemeinschaftsgefühl zusammen zu leben. Er nennt das Zusammenleben mit insgesamt zehn Personen eine "Wohngemeinschaft", man könnte es auch ein Mehrgenerationenhaus nennen, denn die Bewohner sind 16 und 73 Jahre alt. Vom gemeinsamen Frühstück, das wechselnd bei einem Bewohner für die ganze Gruppe stattfindet, bis zur gemeinsamen Sterbebegleitung in der Wohngemeinschaft reicht die Palette des Füreinander-Daseins.

Scherf selbst ist seit sieben Jahren in Pension, macht Leuten, die bald ihre Arbeitszeit in Betrieb oder Büro beenden werden, Mut: "Man braucht eine Aufgabe, das kann auch eine ehrenamtliche sein, die einen ausfüllt und für Selbstbestätigung sorgt". Im Übrigen sei die Rede vom Ruhestand etwas für Zyniker, jeder müsse auch im Alter noch etwas Sinnvolles zu tun haben. Er plädiert für Unruhestand statt Ruhestand und ist selbst das beste Beispiel für seine These. Auch mit 73 Jahren noch rank und schlank wie ehedem, hat Scherf eine Ämterhäufung, die den ganzen Mann fordert und ihn auch zu vielen Reisen zwingt.

(jka)
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