Stadt Willich Fairer Handel sorgt für Streit im Rat

Stadt Willich · Mit einer weiteren Initiative soll der Status Willichs als nachhaltig agierende Kommune verstärkt werden: In der Ratssitzung diskutierten die Politiker über die Umsetzung der Initiative "Fairtrade-Town".

Es war eigentlich kein Tagesordnungspunkt, der besonders brisant klang - aber in der Ratssitzung am Donnerstagabend entzündete sich trotzdem eine lange Diskussion, die noch nicht vorbei ist: Nach der Abstimmung kündigte die FDP an, sie werde diese auf Formfehler prüfen lassen. Thema war ein Antrag der CDU: Willich solle sich an der weltweiten Kampagne "Fairtrade-Town" beteiligen, um die entsprechende Zertifizierung zu bekommen.

Diese Kampagne entstand in Großbritannien: Eine "Fairtrade-Town" muss fünf Kriterien erfüllen: Die Kommune muss beschließen, dass bei allen Sitzungen der Lokalpolitiker und im Bürgermeisterbüro fair gehandelter Kaffee und ein weiteres Produkt aus fairem Handel ausgeschenkt werden. Es ist eine lokale Steuerungsgruppe zu bilden, die die Aktivitäten koordiniert. Der örtliche Einzelhandel und die Gastronomen bieten mit einem Siegel gekennzeichnete Produkte aus Fairtrade an - bei einer Stadt von der Größe Willichs müssten dafür elf Einzelhandelsgeschäfte und sechs Restaurants oder Cafés gefunden werden. Schulen, Vereine und Kirchen verwenden Fairtrade-Produkte und führen Bildungsaktivitäten zum Thema durch. Und die örtliche Presse schreibt mindestens vier Artikel jährlich über Fairtrade-Aktivitäten in der Kommune - Geheimnis bleibt indes, wie sie dazu gezwungen werden soll.

Die Beschlussempfehlung der Verwaltung lautete, dass sie beauftragt werden soll, das Thema umzusetzen. Grundsätzlich waren sich alle Fraktionen einig, dass sie hinter dem Thema Fairtrade stehen. Diskussionen gab es aber über das "Wie". Sonja Fucken-Kurzawa (CDU) hatte in der Sitzung beantragt, eine lokale Steuerungsgruppe aus Verwaltung, Politik und Handel zu bilden und die Beschlussempfehlung entsprechend zu erweitern. Daraufhin merkte Hans-Joachim Donath (FDP) an, es gebe wichtigere Dinge für die Verwaltung als die Mitarbeit in dieser Gruppe - er wollte, dass das Thema über eine Bürger-Aktivität weiter geleitet werde. Außerdem vermisste er in der Vorlage Aussagen zu den Kosten. Er beantragte eine Verschiebung des Themas in den Umweltausschuss und die Erstellung einer erweiterten Vorlage durch die Verwaltung. Er wurde von seinen Partei-Kollegen Thomas Brandt und Franz-Josef Stapel unterstützt. Rainer Höppner (CDU und selber Textil-Einzelhändler in Schiefbahn) wies darauf hin, dass es das Thema eine größere Dimension habe als die Frage von Kaffeesorten. Es gehe auch um Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie vor dem Hintergrund von Tausenden toter Menschen in den Firmen in Bangladesh. Fucken-Kurzawa meinte, dass die Arbeitsweise der Steuerungsgruppe und die Einbeziehung der Verwaltung noch diskutiert werden könne. Bernd-Dieter Röhrscheid (SPD) wollte das Thema auch den Bürgern überlassen, denn die Politik könne nicht entscheiden, welche Produkte der Handel kaufe.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Bäumges wies darauf hin, dass es um gesellschaftliche Verantwortung gehe und man ein gemeinsames Projekt von Bürgern und Stadt auf den Weg bringen wolle. Im Budget des Umweltausschusses seien 30 000 Euro für eine stärkere Berücksichtigung des Themas Nachhaltigkeit eingeplant und es solle in die Hauptsatzung eingearbeitet werden.

Der Streit wurde heftiger, als es um die Frage der Abstimmungsweise ging: Die FDP war der Auffassung, dass ihr Antrag auf Verschiebung der weitergehende Antrag laut Gemeindeordnung und daher zuerst darüber abzustimmen sei. Christian Pakusch (CDU) warf SPD und FDP vor, gegen "Fairtrade" zu sein, und Bäumges spielte den Ball schließlich Bürgermeister Josef Heyes (auch CDU) zu. Der habe im Zweifel zu entscheiden, welcher der weitergehende Antrag sei. Heyes ließ daraufhin zuerst über die erweiterte Beschlussempfehlung der Verwaltung als weitergehenden Antrag abstimmen. Mit den Stimmen von CDU und Grünen wurde diese (Teilnahme an der Kampagne Fairtrade, Einrichtung einer Steuerungsgruppe und Ausschank von Fairtrade-Produkten bei Sitzungen und im Bürgermeisterbüro) genehmigt, SPD und FDP waren dagegen. Donath kündigte im Anschluss an, die Entscheidung prüfen zu lassen.

(djm)
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