Stadt Kempen Es wollte nicht so richtig prickeln

Stadt Kempen · David Liebmann und Richie Beirach gastierten in der Paterskirche. Die Jazzmusiker boten ein ruhiges Konzert, mit Rhythmus wurden die Zuhörer nicht verwöhnt. Abwechslung gab es in der Zugabe, und da prickelte es dann auch.

 Richie Beirach (l.) und David Liebmann gaben sich in der Paterskirche sehr zurückhaltend. So manche Weise passte nicht zum Geist des Jazz.

Richie Beirach (l.) und David Liebmann gaben sich in der Paterskirche sehr zurückhaltend. So manche Weise passte nicht zum Geist des Jazz.

Foto: wolfgang kaiser

Kein Zweifel, mit David Liebmann und Richie Beirach hatte die Muziekbiennale zwei große Namen eingeladen, die als Duo Saxophon / Klavier Maßstäbe gesetzt haben. Und so war die Paterskirche zu ihrem Gastspiel am Mittwochabend auch prima besucht. Es wurde allerdings ein sehr ruhiges Konzert, dem wenig anzuhören war, von welch wilden Kerlen beide einst inspiriert wurden, unter anderem von John Coltrane und Thelonious Monk, und mit welch anderen ebenfalls recht lebhaften Musikern sie selbst zusammengearbeitet haben: Elvin Jones, Al Foster, Jack DeJohnette, Miles Davis, Chick Corea, Jeremy Steig, John Scofield...

Was nach wie vor steht, ist der Ton, den Liebman auf seinem Tenor pflegt, und der verfehlt seine Wirkung nicht. Er ist von besonderer Wärme und auch dann von großer Tragkraft, wenn nicht aus voller Lunge geblasen wird. Und Richie Beirach bastelt weiter an seinem großen Brückenbauwerk von der Romantik über den Impressionismus zur klassischen Moderne und zelebriert dort seine geliebten lyrischen Dissonanzen - an diesem Abend oft das einzige Element, das an Jazz erinnerte. Und auch die tiefe Harmonie dieses über so viele Jahre eingespielten und in Freundschaft verbundenen Duos ist unbeschadet und fand in mancherlei dialogischen und unisono gespielten Passagen schönen Ausdruck.

Doch oftmals erklang auch eine Schönheit, die zum Geist des Jazz nicht recht passen mochte. Mit Rhythmus wurde der Hörer nicht verwöhnt, und von jenem Swing, ohne den laut Duke Ellington alles bedeutungslos ist, war kein einziger Takt zu ergattern. Zugegeben, sie sind beide nicht mehr die Jüngsten, aber mit ihren ungebrochenen Fähigkeiten im Ohr und mit Erinnerungen im Gedächtnis, welche Maßstäbe auch andere Duos mit diesen beiden Instrumenten gesetzt haben - man denke nur an Eddie Hariis & Les McCann oder für die Freunde des Ruhigeren an Gary Wiggins & Chris Rannenberg - da fehlte manchem in diesem Konzert doch Einiges. Dass Stücke bewusst offen enden, Geschichten, und davon gab es viele am Mittwochabend, nicht zu Ende erzählt werden, dass die Dinge nicht zu fertig wirken dürfen, das gehört bei Liebman und Beirach zu ihrer gemeinsamen Handschrift. Prickeln darf es trotzdem, aber es prickelte nicht. Der Beifall nach jedem Titel war mehr als herzlich, aber für Zwischenapplaus nach einer Passage, die unwiderstehlich mitgerissen hätte, fehlte jeder Anlass. So gehörte auch eine gewisse Gleichförmigkeit der Stücke mit einer begrenzten Auswahl häufig wiederholter Stilmittel zu den Kennzeichen des Abends. Dennoch genoss das Publikum die Gelegenheit, dieses Duo live zu erleben, und in der zweiten Zugabe gab's dann doch noch eine Abwechslung. Liebmann blies eine Flöte, die bald nach Rumänien, bald nach China klang und von Beirach am Flügel mit Blues-Phrasen kommentiert wurde. Das prickelte.

(RP)
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