Stadt Willich Ein Unfall veränderte sein Leben

Stadt Willich · Nach einem schweren Unfall kämpft sich Lennart Kemmer in ein normales Leben zurück. Nach einem Autounfall im Mai lag der 19-Jährige einen Monat lang im Koma. Schritt für Schritt geht es aufwärts.

 Auf den ersten Blick merkt man Lennart Kemmer seine Beeinträchtigungen nicht an. Therapeuten helfen ihm, ins Leben zurückzufinden.

Auf den ersten Blick merkt man Lennart Kemmer seine Beeinträchtigungen nicht an. Therapeuten helfen ihm, ins Leben zurückzufinden.

Foto: Wolfgang Kaiser

Der Terminplan von Lennart Kemmer ist gut gefüllt. Logopäde, Ergotherapie, Physiotherapie und neuropsychologisches Training finden sich dort, mehrmals über die Woche verteilt. Jeder einzelne dieser Termine liegt dem 19-jährigen Willicher am Herzen. Denn jeder hilft ihm ein Stückchen zu dem Leben zurück, das er einst geführt hat. Auch wenn es nie mehr genau so werden wird, wie es früher einmal war.

Der 9. Mai 2014 veränderte Lennarts Leben. Eigentlich war er zu einem Geburtstag unterwegs, doch beim Linksabbiegen an einer Ampel in Schiefbahn wurde das Auto von einem Lkw erfasst. Lennart Kemmer, der als Beifahrer im Auto mitfuhr, erlitt ein Schädelhirntrauma und wurde mit dem Hubschrauber in eine Duisburger Unfallklinik geflogen. Dort lag der damals 18-jährige bis zum 10. Juni im Koma. Als er erwachte, konnte er nichts mehr.

"Als Erstes habe ich das Sitzen im Bett gelernt", berichtet Kemmer. Laufen, sprechen - alles musste sich der Willicher mit fachlicher Hilfe mühsam wieder Stück für Stück aneignen. Es folgte eine sogenannte Früh-Reha in Krefeld, der sich nahtlos eine weitere Reha-Maßnahme in Essen-Kettwig anschloss. Am 5. September war Kemmer zum ersten Mal seit dem Unfall zu Hause - um schon knapp drei Wochen später in die nächste Reha zu gehen, die erneut fünf Wochen dauerte. "Mein komplettes Leben wurde von einer Minute auf die andere auf den Kopf gestellt", sagt Kemmer.

Vier Tage nach dem Unfall hätte er eigentlich die theoretische Abschlussprüfung in seiner Lehre gehabt. Lebensmitteltechniker lernte der Willicher in einem Kempener Unternehmen. "Ich hoffe sehr, dass ich dieses Jahr die Prüfung ablegen kann, auch wenn ich den Beruf wahrscheinlich nie werde ausüben können. Aber ansonsten wären die drei Jahre Lehrzeit verschenkt", sagt Kemmer.

Gleichgewichtsstörungen, Konzentrationsmangel, Koordinationsprobleme des rechten Armes und zeitweises Doppelsehen sind die Folgen des Unfalls. Sollte er als arbeitsunfähig gelten, was sich in den nächsten Wochen entscheiden wird, so steht jetzt schon für ihn fest, dass er einen seinen Handicaps entsprechenden neuen Beruf in einem der speziellen Berufsförderungswerke erlernen möchte. Wobei er sich einen therapeutischen Beruf wie Ergotherapeut oder Physiotherapeut sehr gut vorstellen könnte. "Ich verdanke der Reha und meinen Therapeuten so viel. Während der Zeit habe ich gemerkt, dass dies auch ein Beruf für mich wäre", sagt Kemmer.

Auch wenn Kemmer jetzt einen Schwerbehindertenausweis hat, möchte er deswegen nicht "abgestempelt" werden. "Ich habe halt ein paar Einschränkungen, aber Mitleid brauche ich deswegen nicht. Ich merke schon, dass Freunde um mich besorgt sind und mir Dinge abnehmen wollen. Aber wenn ich etwas nicht kann, dann melde ich mich schon", betont Kemmer.

Lädt ihn jemand zu einer Radtour ein, muss er ablehnen. Fahrradfahren klappt noch nicht. Ein gemeinsamer Besuch im Fußballstadion ist dagegen jederzeit möglich. In den Monaten mit Koma und Reha merkte Kemmer auch, wer seine Freunde sind und wer ihm in der schweren Zeit Halt gab und Mut machte. Teilweise zerbrachen alte Freundschaften, aber neue kamen hinzu. "Denjenigen, die zu mir gehalten haben, und meiner Familie kann ich nur ein ganz großes Dankeschön aussprechen", hebt der 19-Jährige hervor.

(tref)
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