Willicher Alphornbläser Töne denken und mit den Lippen formen

Willich · Die Niederrheinischen Alphornbläser proben jede Woche im Pfarrzentrum in Willich. Die Spieler kommen aus Willich, Ratingen und Mönchengladbach. Das Quartett wünscht sich Verstärkung und ist offen für neue Interessenten.

 Die Alphornbläser Ulrike Kraemer, Bernd Ungermanns, Helene Schweng und Hermann Kraemer (v.l.n.r.) fallen mit ihren Instrumenten überall auf.

Die Alphornbläser Ulrike Kraemer, Bernd Ungermanns, Helene Schweng und Hermann Kraemer (v.l.n.r.) fallen mit ihren Instrumenten überall auf.

Foto: Wolfgang Kaiser (woka)

Geprobt wird jede Woche im Pfarrzentrum St. Katharina in Willich. Pfarrer Jürgen Lenzen hat dem Alphorn-Quartett den Saal als Proberaum zur Verfügung gestellt. Dafür sind die Alphornbläser sehr dankbar, denn dort ist genügend Platz für die langen Instrumente, und auch klangmäßig kommt man bei den Proben klar.

Doch wie kommt man am flachen Niederrhein zum Alphorn? Der Willicher Bernd Ungermanns kennt die Frage, die ihm oft gestellt wurde. Das Schlüsselereignis ist schon 20 Jahre her. Damals machte Ungermanns Urlaub in Österreich. Auf einem Berg erlebte er an einem Gipfelkreuz auf 1200 Metern Höhe eine Heilige Messe unter freiem Himmel. Dabei erklangen auch Alphörner. Das beeindruckte den Touristen aus dem Flachland ungemein, und der Impuls, das will ich auch machen, war nicht mehr zu leugnen. Es vergingen aber dann noch 15 Jahre, bis sich Ungermanns 2014 ein eigenes Alphorn anschaffte.

Aber so ganz ein Neuling war er auch wieder nicht. Denn er war bereits Mitglied des Jagdhorn-Bläserchores Mönchengladbach. Aus dieser Vereinigung rekrutierte er auch seine Mitspieler, Ulrike und Hermann Krämer, und von der Ratinger Waldhorngruppe kam Leni Schweng hinzu. Die Gruppe war auch schon größer, doch zurzeit ist sie auf vier geschrumpft. Deswegen suchen die Alphornbläser Mitspieler, die sich ihnen anschließen und den Klang verstärken. Damit alles harmonisch klingt, sollte das Alphorn in F gestimmt sein. Interessenten sollten schon Erfahrungen mit Blasinstrumenten haben.

 Zur Probe erscheinen alle mit großen Taschen. Die Alphörner lassen sich in drei Teile auseinandernehmen. Zusammengesteckt kommen sie auf eine Länge von 3,80 Metern. Die Experten wissen aber auch, dass die Instrumente in der Schweiz kürzer sind, aber auch höher gestimmt sind. Ein langes Holzrohr mit einem verzierten Trichter – das sieht schön aus. Aber wie spielt man darauf, wie werden verschiedene Töne erzeugt, schließlich hat das Alphorn weder Löcher wie bei einer Flöte noch Ventile wie bei einer Trompete oder einem Horn? Durch das Mundstück zählt das Alphorn zu den Blechblasinstrumenten. Das Alphorn hat ein Mundstück, das an das einer Trompete erinnert. Der Ton wird also im Kopf erzeugt, die Vibration der Lippen überträgt sich dann aufs Holz, das lange Rohr ist ein wunderbarer Resonanzkörper. Bernd Ungermanns umschreibt das so: „Man muss den Ton denken und mit den Lippen formen.“

Das Mundstück wird aus harten Holzsorten wie Oliven-, Rosen- oder Ebenholz gedrechselt. Das Instrument selber wird meistens aus dem Holz der Eberesche oder Bergfichte gemacht, die Bäume müssen langsam gewachsen und die Bretter gut getrocknet sein. Das Holz darf nicht mehr „arbeiten“. Der Stamm wird aufgeschnitten und ausgehöhlt, später wieder zusammengesteckt. Die Wandstärke beträgt etwa fünf Millimeter. Je dünner das Holz ist, desto leichter wird das Instrument. Der Trichter besteht aus mehreren Teilen und wird aus verschiedenen farbigen Hölzern zusammengesetzt. Das Bauen der Instrumente ist keineswegs ein aussterbendes Handwerk. Die Niederrheinischen Alphornbläser waren erstaunt, wie viele Alphornbauer es gerade in Deutschland gibt. Für ein gutes Alphorn muss man nicht unbedingt in die Alpen reisen. Nur die Verständigung der Hirten von Gipfel zu Gipfel ist heute reine Folklore.

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