Willich Halide Özkurt spricht über Integration

Willich · Die Krefelder SPD-Ratsfrau war auf Einladung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft zu Gast.

 Die Krefelder Politikerin Halide Özkurt im Gespräch mit dem Willicher CDA-Vorsitzenden Nabil Daaoudai.

Die Krefelder Politikerin Halide Özkurt im Gespräch mit dem Willicher CDA-Vorsitzenden Nabil Daaoudai.

Foto: Wolfgang Kaiser

Das rote Talk-Sofa gab es im Café K 7 im Zentrum Willichs zwar nicht. Dafür aber zwei Schwingstühle, die kurzerhand mit roten Decken belegt wurden. Darauf Platz nahmen an diesem Abend auf Einladung der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) Willich die Krefelder Ratsfrau Halide Özkurt (38) und ihre Gesprächspartner Nabil Daaoudai, Paul Schrömbges und Michael Schmitz von der CDA. Das Thema des Abends: „Wie geht es weiter mit der Integration?“

Rund 20 interessierte Bürger verfolgten das Gespräch. Halide Özkurt selbst könnte als bestes Beispiel für gelungene Integration herhalten. 1989 kam sie als Neunjährige mit ihrer Familie aus der Türkei nach Krefeld. Sie machte Abitur an der Gesamtschule Kaiserplatz und studierte Erziehungswissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Halide Özkurt ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit 2014 gehört sie für die SPD dem Rat der Stadt Krefeld an. Sie ist im Vorstand des Ortsvereins Krefeld-Mitte und leitet die SPD-Arbeitsgemeinschaft „Migration und Vielfalt“. Zudem ist sie im Vorstand der türkisch-islamischen Gemeinde Krefelds, engagiert sich für den in Krefeld neu angesiedelten Sozialdienst muslimischer Frauen und in zahlreichen Vereinen, etwa im Krefelder Heimatverein.

Krefeld sei ihre Heimat, sagt sie. Und: „Es macht mir großen Spaß, ehrenamtlich aktiv zu sein.“ Auch wenn dies einem Full-Time-Job entspreche. Sie gibt einen Einblick in ihren dicht gefüllten Terminkalender. Unterstützung findet sie bei ihrer Familie, bei ihrem Mann und auch bei ihren Eltern: „Die sind sehr stolz auf mich.“ Und doch ist der Werdegang dieser zierlichen Power-Frau mit dem elegant getragenen Kopftuch immer noch eine Besonderheit und eine Ausnahme. Da sei anfangs schon „geguckt“ worden, erinnert sie sich. „Das ist normal, das ist überhaupt nicht störend für mich“, sagt sie. Störender seien da schon diverse Anfeindungen aus der rechten Ecke und Hasskommentare im Netz. „Man muss da ein bisschen ein dickes Fell haben“, sagt sie. Und dass sie vieles einfach ignoriere. Auch innerhalb der eigenen Partei habe es „schwierige Zeiten“ gegeben: „Da muss man sich durchboxen.“ Eine neue Rats-Kandidatur strebe sie nicht mehr an.

Nabil Daaoudai, Vorsitzender der Willicher CDA, fragt nach den Auswirkungen der Flüchtlingswelle auf die türkische Gemeinde in Krefeld. „Wir haben im Büro der Krefelder Moschee an der Obergath eine Anlaufstelle für Flüchtlinge eingerichtet.“ Daraus sei ein großes Engagement erwachsen, etwas, das man sich vorher kaum hätte vorstellen können. Ihre Tätigkeit sieht sie ausdrücklich als eine für alle Bürger Krefelds. „Bis zu meinem 19. Lebensjahr wusste ich mit dem Begriff Integration nichts anzufangen. Ich war schon integriert, ohne mir dessen bewusst zu sein.“ Sie sagt: „Ich mag den Begriff Integration eigentlich nicht. Ich möchte es anders formulieren, dass wir eine Gesellschaft bilden, und das ist Deutschland.“

Kritisch fragt Paul Schrömbges nach ausländischen Parallelgesellschaften: „Und beharrt nicht gerade die türkische Community sehr deutlich auf ihrer kulturellen Eigenständigkeit?“ Im öffentlichen Diskurs werde hier sogar eine mögliche „Sollbruchstelle“ gesehen. Halide Özkurt: „Deutschland muss anerkennen, dass es vielfältige Lebenswelten gibt und dass bestimmte Gruppen ihre Rückzugsräume haben.“ Es sei wichtig diese „Andersartigkeit“ nicht als Bedrohung anzusehen. „Das Grundgesetz ist das Fundament dafür, dass wir in diesem Land zusammenleben können.“ Die Gesellschaft werde zusammen gehalten durch Respekt und Wertschätzung füreinander. „Wir müssen raus aus dem Schubladendenken“, findet sie und plädiert für Begegnungen auf menschlicher Ebene.

Michael Schmitz zollte Halide Özkurt einen „Riesenrespekt“ dafür, dass sie an diesem Abend zur CDA gekommen sei – „in die Höhle des Löwen“, wie er unter dem freundlichen Schmunzeln der Gäste hinzufügte.

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