Willich Die etwas andere WG

Willich · In der Willicher Wohnstätte „Unser Haus“ der Lebenshilfe leben geistig Behinderte. Das Konzept der Einrichtung lautet „Durch Gleichberechtigung zur Selbstbestimmung“. Ein Besuch am Kaffeetisch.

Als der Besucher gegen 17 Uhr das Haus an der Willicher Hülsdonkstraße betritt, wird er bereits freudig erwartet. Vor einer halben Stunde noch waren die neun Bewohner der Station I bei der Arbeit. Jetzt sitzen sie alle am Kaffeetisch und sind gespannt auf die Fragen. „Das ist unser Zuhause“, beginnt Petra das Gespräch. Das „Zuhause“ ist die Wohnstätte „Unser Haus“ der Lebenshilfe für geistig Behinderte.

So wenig Hilfe wie möglich

Jeder hat ein eigenes Zimmer, aber in Küche und Wohnzimmer verbringen alle gern und viel gemeinsame Zeit. Das Konzept des Hauses lautet „Durch Gleichberechtigung zur Selbstbestimmung“. „Die Selbstbestimmung fing schon beim Einrichten der Wohnung an“, erinnert sich Wohnstättenleiterin Esther Mand. So hatten die Bewohner beispielsweise freie Hand bei der Farbwahl der Wohnzimmercouch. „Das Konzept ist klasse“, findet Lars-Tobias. Jeder habe gute Eigenschaften, und die würden in der Wohnstätte gestärkt.

Tatsächlich erhält jeder Bewohner so wenig Hilfe wie möglich und so viel Hilfe wie nötig. Unterstützung bieten die „Alltagsbegleiter“ (AB), und ein persönlicher „Prozessbegleiter“ (PB), der sich wöchentlich 30 Minuten Zeit nimmt, mit „seinem“ Bewohner über dessen Wünsche, Erfahrungen und Ziele zu sprechen. „Diese Kontinuität bietet Struktur und Sicherheit im Entwicklungsprozess“, sagt PB Stefan Hölker. „Der Stefan ist ein klasse Typ, der mischt sich nicht ein“, lobt Sascha und steht auf. Vor der Gruppe erklärt er nun sein Ziel, den Küchenplan neu ordnen zu wollen. „Damit die Aufgabenverteilung gerecht ist“, meint er.

Viele persönliche Talente

Es sind ganz normale WG-Probleme, die hier besprochen und gelöst werden. Das Lebenshilfe-Motto „Es ist normal, verschieden zu sein“ wird hier gelebt. Die persönlichen Talente reichen vom Kaffeekochen übers Spülen bis zum Wäschesortieren, da bringt sich jeder mit ein. Dabei verliert niemand seine Ziele aus den Augen, die zusammen mit den Betreuern und Begleitern Stück für Stück erreicht werden sollen.

Lars-Tobias möchte ins Betreute Wohnen kommen. „Um mal alleine zu sein“, wie er sagt. Da will er dann auch Kochen lernen. Sebastian genießt die Zeit im Garten und die Ausflüge mit seinen Eltern. Und Dirk fühlt sich einfach gut hier in Willich-Wekeln. Am Tisch kommen alle „im gemütlichen Rahmen“ zusammen, sagt Petra. Kreativgruppe, Lesekurs, Schwimmen und Disko gestalten die Freizeit. Eben eine ganz normale WG – nur etwas anders. Frage des Tages

(RP)
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