Etat 2019 Streit um den Willicher Haushalt

Willich · Nach langen Diskussionen lehnten SPD und FDP den Etat 2019 ab, weil sie viele ihrer Forderungen nicht erfüllt sahen. Krach gab es bei den Themen Multifunktionshalle und Elternbeiträge. Die Grünen waren Zünglein an der Waage.

 Der Haushalt 2019 wurde nach einer langen Sitzung mit Stimmen von CDU und Grünen verabschiedet.

Der Haushalt 2019 wurde nach einer langen Sitzung mit Stimmen von CDU und Grünen verabschiedet.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die letzte Willicher Stadtratssitzung des Jahres dauerte bis in die Nacht. Immerhin bis kurz nach 22 Uhr harrten eine ganze Reihe Schüler der Robert-Schuman-Europaschule (RSE) Willich aus, um zu erfahren, ob und wann nun die von ihnen gewünschte Multifunktionshalle auf dem Schulhof gebaut wird. Der schließlich mehrheitlich gefasste Beschluss hinterließ allerdings offene Fragen – selbst einige Politiker verstanden nicht so recht, was da gerade passiert war. Um kurz nach halb eins wurde dann der städtische Haushalt 2019 (mit einem Plus von 1,4 Millionen Euro) mit Stimmen von CDU und Grünen beschlossen, SPD und FDP stimmten dagegen, die Fraktion „Für Willich“ enthielt sich.

Wären die Schüler noch geblieben, hätten sie ein eher unwürdiges letztes Drittel der Sitzung erlebt, in dem mit Vorwürfen, Beschimpfungen und Unterstellungen nicht gegeizt wurde. Und das alles, obwohl alle Fraktionen in den beiden am heftigsten diskutierten Themen eigentlich gar nicht so weit auseinanderliegen: Da ist einmal besagte Halle der RSE und zweitens die Frage, wie Eltern, deren Kinder eine Kita, eine Großtagespflege oder eine Offene Ganztagsgrundschule besuchen, finanziell entlastet werden können. Eine Multifunktionshalle befürworten im Prinzip alle Fraktionen, lediglich der Weg dorthin ist strittig; auch eine Entlastung der Eltern wollen alle (auf Dauer sogar eine komplette Kita-Beitragsfreiheit in Willich), aber auch hier geht es um das Wie.

Nach den üblichen Haushaltsreden der fünf Fraktionsvorsittzenden war zunächst das Hallen-Thema an der Reihe. Die Argumente waren zwar schon zuvor im Schulausschuss und im Nachhinein über Pressemitteilungen ausgetauscht worden, dennoch entbrannte eine Diskussion. SPD, FDP und „Für Willich“ setzen sich dafür ein, dass die Halle in der von der Schule gewünschten Form zügig gebaut wird, die CDU und die Grünen möchten auf Nummer sicher gehen und Rechtliches wie Brand- und Lärmschutz geprüft wissen und den Sportstättenentwicklungsplan abwarten, der möglicherweise Alternativen aufzeigt. Einen Kompromiss formulierte schließlich die SPD, die forderte, dass in den Haushalt 2019 zumindest schon mal 50.000 Euro für die Planung eingestellt werden und das Geld für den Bau freigegeben wird, wenn diese erfolgt ist und der Schulausschuss schließlich sein Okay gibt. Die Grünen, so schien es, würden das mittragen.

So ging man in eine 15-minütige Sitzungsunterbrechung, um danach abzustimmen. Nur: Raimund Berg (Grüne) sprach in seinem Beschlussvorschlag, über den dann auch abgestimmt wurde, nicht mehr von einer „Planung“, sondern von einer „Prüfung“. Mit Stimmen von CDU und Grünen wurde dieser Antrag schließlich beschlossen, die FDP enthielt sich, SPD und „Für Willich“ stimmten dagegen. Bernd-Dieter Röhrscheid (SPD) war sichtlich sauer und gab nach einer Sitzungspause eine persönliche Erklärung ab: „Ich sitze seit 34 Jahren im Rat. So eine Abstimmung habe ich noch nicht erlebt. Ich bin zutiefst betroffen, dass so etwas möglich ist. Raimund, ich bin von Dir persönlich total enttäuscht.“ Applaus von SPD, FDP und „Für Willich“.

Und was heißt das nun für den Bau der Halle? 2019 kann aus Kapazitätsgründen der Verwaltung ohnehin nicht mit den Arbeiten begonnen werden. Um aber im kommenden Jahr schon entsprechende Aufträge vergeben zu können, müsste die Planung bald angegangen werden. Nun muss sich die Politik also sehr beeilen und das Okay in der Mai-Sitzung des Schulausschusses geben, wenn 2020 mit dem Bau begonnen werden soll.

Für Verärgerung bei SPD, FDP und „Für Willich“ sorgte das Verhalten der Grünen auch beim Thema Kitagebühren. Abgestimmt wurde über den Antrag der SPD, die möchte, dass künftig nur noch die Eltern bezahlen müssen, deren Haushaltseinkommen über 36.000 Euro pro Jahr liegt. Bisher liegt die Grenze bei 24.000 Euro. „Für Willich“ schloss sich diesem Antrag an. Die Grünen hatten ursprünglich einen Antrag gestellt, der eine Einkommensgrenze von 30.000 Euro vorsieht. Diesen zogen sie nun aber zurück und schlossen sich der CDU an (mit der sie seit einem Jahr eine „strategische Zusammenarbeit“ vereinbart haben). Diese findet, dass man nicht nur die unteren Einkommen entlasten sollte, sondern auch die mittleren und oberen. „Ihr Antrag ist unsozial“, sagte Bernhard Grotke (CDU) und warf der SPD sogar vor, einen bewusst dillettantischen Antrag gestellt zu haben: „Sie wollen gar nicht, dass wir zustimmen. Es geht Ihnen um die Presse und darum zu sagen, dass die ,böse CDU’ Ihrer Entlastung nicht zugestimmt hat.“ Die Union möchte nun einen Arbeitskreis ins Leben rufen, in dem überlegt wird, wie man die Eltern sinnvoll entlasten kann. Mit Stimmen von CDU und Grünen wurde der SPD-Antrag schließlich abgelehnt.

Auf die Verabschiedung des Gesamthaushalts wirkte sich das „Possenspiel“ (Hans-Joachim Donath, FDP) in der Sitzung so aus, dass FDP und SPD (Röhrscheid: „Alle uns wichtigen Anträge wurden von der schwarz-grünen Mehrheit abgelehnt“) mit Nein stimmten. „Für Willich“ enthielt sich (Detlev Nicola: „Wir sehen viele Punkte, die uns nicht gefallen“), CDU und Grüne stimmten dafür.

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