Stadt Willich Dem Kreis gehen die Ärzte aus

Stadt Willich · Ärzte und Politiker diskutierten im Schloss Neersen über die Gesundheitsversorgung. Noch ist sie gesichert, doch ein Ärztemangel zeichnet sich ab. Denn viele Mediziner sind älter als 60 Jahre und gehen bald in den Ruhestand.

 Der Hartmannbund hatte Ärzte und Politiker zur Diskussion ins Schloss Neersen eingeladen.

Der Hartmannbund hatte Ärzte und Politiker zur Diskussion ins Schloss Neersen eingeladen.

Foto: Achim Hüskes

"Ich kann nur jedem empfehlen, auf dem Land zu praktizieren statt in der Großstadt", sagte Dr. Einar Pelss, der seit 29 Jahren in Neersen Hausarzt ist. Der 67-Jährige denkt noch lange nicht ans Aufhören. Diesmal kam der Arzt in seiner Eigenschaft als stellvertretender Kreisvorsitzender des Hartmannbundes ins Neersener Schloss. Der Hartmannbund ist die Interessenvertretung der Mediziner. Ärzte und Politiker diskutierten nun im Schloss über die Perspektiven der örtlichen Gesundheitsversorgung. Und die sind alles andere als rosig - so das Resümee.

So sagte Einar Pelss, dass voraussichtlich im Jahr 2030 im Kreis Viersen 82 Hausärzte und 57 Fachärzte fehlen werden. Aber wie kann man dies verbessern? Den Zugang zum Studium einfacher zu machen, den Stellenwert der Allgemeinmedizin in den Hochschulen zu verbessern oder den angehenden Ärzten die Existenzgründung zu erleichtern, waren Vorschläge von MdB Uwe Schummer: "Es darf nicht so weitergehen, dass einer einen Studienplatz in der Medizin bekommt, sieben aber nicht." Und sein Berliner Kollege Udo Schiefner (SPD), der auch dem Viersener Kreistag angehört, wünschte sich mit allen Beteiligten eine Art Gesundheitskonferenz und dabei die Erarbeitung eines Konzeptes für die nächsten zehn bis 15 Jahre: "Wir müssen alles versuchen, zumindest die Grundversorgung sicherzustellen."

 31 Prozent der Ärzte im Kreis Viersen sind 60 Jahre und älter. Junge Mediziner zieht es häufig in die Großstädte, weswegen in ländlichen Regionen ein Ärztemangel droht.

31 Prozent der Ärzte im Kreis Viersen sind 60 Jahre und älter. Junge Mediziner zieht es häufig in die Großstädte, weswegen in ländlichen Regionen ein Ärztemangel droht.

Foto: dpa

Eingangs hatte in seinem lokalen Report Einar Pelss vom fehlenden Nachwuchs und von den immer älter werdenden praktizierenden Hausärzten gesprochen. Früher war mit 68 Jahren Schluss, heute ist das Ende offen. In NRW beträgt der Anteil der 60 Jahre und älteren Ärzte rund 27 Prozent, im Kreis Viersen sind dies 31, in Willich 32 (neun Hausärzte), in Kempen hingegen nur 15 Prozent (fünf Hausärzte).

Noch bestehe bei den Hausärzten keine große Unterversorgung, aber dies könne und werde sich schnell ändern. Von einer hundertprozentigen Versorgung wird dann gesprochen, wenn auf je 1671 Einwohner ein Hausarzt kommt. Von einer Unterversorgung ist dann die Rede, wenn das Verhältnis unter 75 Prozent fällt. Derzeit gibt es in Willich einen Versorgungsgrad von etwa 90 Prozent (1887 Einwohner pro Arzt), in Tönisvorst sind dies 102 Prozent (1625), in Kempen sogar 118 Prozent (1399).

Andere Ärzte, aber auch Politiker wünschten sich weniger Bürokratie und Verwaltungsaufwand, mehr Zeit für den Patienten und verlässlichere und erträgliche Arbeitszeiten. "Es ist bestimmt nicht für einen jungen Arzt attraktiv, wenn er im Krankenhaus 60 Stunden und mehr arbeiten muss", meinte Stefan Knöfel, früherer Geschäftsführer des seit Juli geschlossenen Katharinen-Hospitals. "Die jungen Ärzte wollen diese Schlagzahl nicht mehr", konstatierte auch Dr. Engelbert Zilles, der jetzt für die Altersmedizin im Neuwerker Krankenhaus verantwortlich ist. Und Sarah Bünstorf (SPD) nannte Beispiele aus ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, wonach zwei Ärztinnen nach ihrer Mutterschaft eine weitere Anstellung in Krankenhäusern strikt ablehnen.

Einar Pells sprach auch die langen Wartezeiten an, wenn er Patienten an die Fachärzte übermittelt. "Wie soll ich das meinen Patienten klar machen, wenn sie zum Beispiel monatelang auf einen Termin beim Orthopäden warten müssen?"

Die Notarztversorgung war ebenfalls ein Thema. Willichs Bürgermeister Josef Heyes sagte, dass gerade für die künftige Notarztversorgung in Willich zum 1. Januar 2015 die Ausschreibung beendet sei. Ein konkretes Ergebnis nannte er noch nicht. Der generelle Wunsch von Uwe Schummer war: "Möglichst viel medizinischer Kompetenz in Willich zu behalten, ob durch eine Portalklinik oder durch ein neues Ärztehaus sei einmal dahingestellt."

(wsc)
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