Willich Bürokratie stoppt Freiwillige

Willich · Der Bundesfreiwilligendienst ersetzt den Zivildienst. Viele der früheren Zivi-Stellen bleiben aber unbesetzt. Bewerben sich mal Freiwillige beim Caritasverband, muss der ablehnen – aus Platzmangel bei Bildungsseminaren.

 Freiwillige Kräfte – im Freiwilligendienst des Bundes oder im sozialen Jahr – benötigen die karitativ tätigen Verbände und Einrichtungen dringend. Konfrontiert werden sie mit überbordender Bürokratie.

Freiwillige Kräfte – im Freiwilligendienst des Bundes oder im sozialen Jahr – benötigen die karitativ tätigen Verbände und Einrichtungen dringend. Konfrontiert werden sie mit überbordender Bürokratie.

Foto: privat

Der Bundesfreiwilligendienst ersetzt den Zivildienst. Viele der früheren Zivi-Stellen bleiben aber unbesetzt. Bewerben sich mal Freiwillige beim Caritasverband, muss der ablehnen — aus Platzmangel bei Bildungsseminaren.

Viele Menschen, die auf die Hilfe eines Zivildienstleistenden angewiesen sind, vermissen jetzt wohl die jungen Männer. Denn die meisten der einstigen Zivildienststellen im Kreis Viersen bleiben seit Aussetzen der Wehrpflicht unbesetzt. Es gibt nur noch das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) und den jüngst eingeführten Bundesfreiwilligendienst — deren Bewerberzahlen decken längst nicht den Bedarf an jungen Hilfskräften.

Das ist bereits bekannt. Doch wird die Situation zusätzlich dadurch verschärft, dass selbst die wenigen Bewerber, die sich etwa bei Heimen des Caritasverbandes im Kreis Viersen melden, abgelehnt werden müssen. Der Grund: Es gibt nicht genügend Plätze bei Bildungsseminaren, die für Bundesfreiwilligendienstler unter 27 Jahren verpflichtend sind.

Schwarzer Peter an die Politik

"Es ist richtig, dass wir zuletzt drei junge Bewerberinnen beim Irmgardisstift in Süchteln ablehnen mussten, weil wir nicht genug Plätze für die Bildungstage zur Verfügung stellen können", sagt Sigrid Ophoff. Sie ist Leiterin des Vereins Freiwillige Soziale Dienste im Bistum Aachen, der als Träger der Bildungsseminare agiert.

Das Süchtelner Altenheim ist kein Einzelfall. So musste der Verein, der vom Bistum, dem Caritasverband und dem Bund der Deutschen Katholischen Jugend getragen wird, rund 20 Einsatzstellen zurückweisen, die mitunter sogar mehrere Freiwillige aufgenommen hätten.

Es sei bedauerlich, motivierten Jugendlichen absagen zu müssen, sagt Ophoff. Die Einsatzstellen könnten das kaum nachvollziehen. "Es wäre nur verständlich, wenn sich junge Menschen, die sich freiwillig zum Dienst melden, enttäuscht wieder abwenden, wenn sie aus bürokratischen Gründen zurückgewiesen werden", sagt Hubert Selke, Wirtschaftsleiter beim Caritasverband.

Denn nur rund 80 Freiwillige können derzeit an den Bildungsseminaren teilnehmen. 140 Plätze bietet der Verein Soziale Dienste für junge Erwachsene im Freiwilligen Sozialen Jahr an. "Sowohl für die FSJ-ler, als auch für die Bundesfreiwilligendienstler wollen wir einen hohen Standard bei den Bildungswochen und in der Begleitung garantieren.

Das geht derzeit auf Kosten der Platzmenge, da wir mit dem Ausbau des FSJ und dem Einstieg in den Bundesfreiwilligendienst an unsere Kapazitätsgrenzen gestoßen sind", räumt Sigrid Ophoff ein. Doch den Schwarzen Peter will sie an die Bundespolitik abgeben. "Letztlich hat man uns aus Berlin zu wenig Zeit gelassen, das mit der heißen Nadel gestrickte Gesetz umzusetzen."

Eine geringe Entspannung der Situation zeichnet sich für den kommenden Sommer ab. Dann will Ophoff mit dem FSJ gleichziehen und auch 140 Bildungsplätze für die Bundesfreiwilligen anbieten.

Doch einen Dämpfer schiebt sie gleich hinterher: "Ich vermute, dass wir auch ab Sommer 2012 mit den 140 Stellen nicht den ganzen Bedarf der Einsatzstellen decken können. Das ist trotz Ausbaus auch im FSJ so."

Für Hubert Selke ist die Lage in bedauerlicher Weise klar: "Am schwersten trifft der bürokratische Wirrwarr wohl die Freiwilligen. Und nicht zuletzt hilfsbedürftige Menschen." Frage des Tages

(RP)
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