Stadt Willich Brücke zu Dichtung und Filmkunst

Stadt Willich · Die Willicher Kirchenmusikwoche in Neersen ist gestartet. Der Höhepunkt folgt am Freitag: "Elias"

Kirchenmusik bedeutet nicht nur Orgelspiel und Chorgesang. Die Willicher Kirchenmusikwochen sind bekannt dafür, dass sie gerne Ausflüge in die anderen Künste unternehmen. Am Wochenende startete die 30. Willicher Kirchenmusikwoche, Anlass, in der Pause mit einem Glas Sekt anzustoßen und an die Anfänge 1985 mit der Bachwoche und an die vielen erfolgreichen Aufführungen in den Folgejahren zu erinnern. Seit 1976 ist Klaus-Peter Pfeifer Kantor der Emmaus-Gemeinde Willich. Er ist nicht nur Kirchenmusiker, sondern auch ausgebildeter Gesangspädagoge. So trat er beim Konzert in der Friedenskirche in Neersen selber als Sänger auf. Der Bariton interpretierte die romantischen Kunstlieder der "Dichterliebe" von Robert Schumann nach den Gedichten von Heinrich Heine.

Auch am Vortag beim Auftakt der katholischen Kollegen zur Kirchenmusikwoche standen Gedichte im Mittelpunkt des Konzertes in St. Maria in Neersen. Rosi Weber rezitierte Gedichte von Marcell Feldberg (Schiefbahn) aus seinem neuesten Werk "Wolken. Haltestellen". Und Friederike Braun, Kantorin der GdG Willich, bewies mit ihrer Bach-Interpretation, dass Komponisten auch die Erwartungen des Zuhörers durchkreuzen und unerwartet überraschen können. "Erwartung" ist das Motto dieser Kirchenmusikwoche, deren Höhepunkt am Freitag die Aufführung von Mendelssohn Bartholdys "Elias" darstellt. Hier wird die Erwartung eines ganzen Volkes an einen Propheten thematisiert.

Am Sonntag in der Friedenskirche drehte sich das Programm um die Liebe zwischen den Menschen, um "Erwartung", Sehnsucht, aber auch um Enttäuschung und Abweisung. Wie ein roter Faden zog sich die Auseinandersetzung mit der Lyrik Heinrich Heines durch den Konzertabend. Das Programm begann mit dem Film "Sehr verehrten Heinrich Heine" der Düsseldorfer Filmemacherin und Fotografin Elena Hill, die auch schon mit der Tanzcompagnie von Pina Bausch arbeitete. In ihrem Film folgt sie der Dichterin und Malerin Johanna Hansen zu Schauplätzen in Düsseldorf und Paris, die mit Heinrich Heine verbunden sind. Nach dem Film wird Heine in den Liedern Schumanns wieder lebendig. Die Pianistin Lioba Bärthlein begleitete Pfeiffer einfühlsam wie ausdrucksstark am Flügel. Beide erhielten für die "Dichterliebe" viel Applaus.

Damit war auch der "neue" Flügel vorgestellt worden. Der Brüggener Klavierbauer Joachim Heringer hat dieses alte Schätzchen aus den 30er Jahren, zuletzt in einer Hauptschule erheblich ramponiert, restauriert. Pfeiffer möchte den Ibach-Flügel gerne für die Kirche fest übernehmen. Das 2,15 Meter lange Instrument ist von der Größe ideal für den Kirchenraum geeignet.

Nicht 30 Jahre wie die Kirchenmusikwoche, aber auch 25-jähriges Bestehen feiert in diesem Jahr das Kölner Duo Kontrasax mit Romy Herzberg am Kontrabass und Christina Fuchs an Klarinette, Bass-Klarinette und Sopran-Saxofon. Sie nahmen drei Lieder von Schumann aus der Dichterliebe auf und paraphrasierten darüber. Gerne bezieht das Duo auch Literatur in seine Improvisationen ein. In der Friedenskirche war es Johanna Hansen, die Heine-Werke mit eigenen Gedichten verwob. Auf Heines Zeile "Wenn ich in Deine Augen seh" ging Hansen gerne ein, sieht sie doch im Blick den Ausdruck psychischer Zustände, denen sie nachspürt. Die Dichterin, die in Bonn Germanistik und Philosophie studierte, ist auch als Malerin unterwegs und hat bereits in der HWL-Galerie, die Klaus-Peter Pfeiffer seit 20 Jahren in Düsseldorf führt, ausgestellt. Am Wochenende wurde die Willicher Kirchenmusikwoche wieder einmal den Erwartungen mehr als gerecht.

(RP)
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